Aktuelle Reisewarnung: Giftwolke und schwere Unwetter auf Titan

Die letzte Stunde der Cassini-Sonde, die für lange Zeit Saturn und seine Monde untersucht hat, hat längst geschlagen. Doch die Auswertung ihrer Daten bringt noch immer spannende Ergebnisse – und das wird sich wohl auch in den nächsten Jahren noch fortsetzen.

Ganz frisch berichten Forscher zum Beispiel von einer Giftwolke, die sie in der Nähe des Südpols des größten Saturn-Mondes Titan in 160 bis 210 Kilometern Höhe gefunden haben, weit über den Methan-Wolken, für die der Mond berühmt geworden ist. Die Wolke besteht aus Eis, allerdings nicht aus Wasser-Eis, sondern aus einer ziemlich exotischen Mischung: Kristalle aus Blausäure (Cyanwasserstoff) und aus Benzen (auch Benzol genannt). Was die Forscher besonders spannend finden: Die Stoffe sind nicht etwa zufällig in derselben Höhe gefroren und haben sich dann übereinander abgelagert – nein, die Eiskristalle bestehen aus den beiden Grundsubstanzen. Das ist ein weiteres Zeichen dafür, wie exotisch die Chemie auf dem fernen Mond abläuft.

Eine weitere Besonderheit hat ein anderes Team jetzt anhand von Cassini-Radaraufnahmen der Titan-Oberfläche herausgefunden. Etwas weniger als einmal pro Titan-Jahr (das 29,5 Erdjahre lang ist) muss es dort zu wirklich heftigen Unwettern kommen, bei denen eine enorme Menge Methanregen auf die Oberfläche einprasselt. Das zeigen typische Oberflächenformen in ansonsten trockenen Gegenden, die nach solchen schweren Überschwemmungen entstehen. Früher hatte man solche Wetterphänomene auf Titan für extrem selten gehalten – Jahrtausend-Ereignisse. Die Regenmenge der schwersten Titan-Unwetter liegt demnach etwa auf dem Niveau von Hurrikan Harvey im Sommer 2017. Sie treten offenbar vor allem jenseits von 60 Grad nördlicher bzw. südlicher Breite auf und werden wohl von den deutlichen Temperaturdifferenzen zwischen den höheren und niedrigeren Breitengraden angetrieben – ähnlich wie die Stürme und Blizzards, die im Winter Nordamerika plagen.

Ebenfalls auf Cassini-Messungen beruht eine neue Erkenntnis über die Saturnringe: Gäbe es die dort orbitierenden Monde Pan, Atlas, Prometheus, Pandora, Epimetheus, Mimas und Janus nicht, hätte sich der A-Ring inzwischen wohl längst aufgelöst. Die Schwerkraft der sieben Monde hält den äußeren der sichtbaren Ringe stabil, so die Forscher, weil sie ihm quasi den Impuls entzieht, sich weiter in die Unendlichkeit auszubreiten.

Die Wolken des Titan (Bild: NASA / JPL)
Die sieben kleinen Saturnmonde hinterlassen ihre Spuren im Ringsystem, das wie eine Schallplatte wirkt (Bild: NASA / JPL)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.