Dunkle Materie ist kalt, nicht verschwommen

Vier Fünftel der Materie des Weltalls soll aus einem Stoff bestehen, den kein Forscher je zu Gesicht bekommen hat, und der deshalb auch “Dunkle Materie” genannt wird. Gründe, dass es die Dunkle Materie geben muss, gibt es viele, nur weiß man noch nicht, woraus sie besteht. Es gibt zwar verschiedene Theorien dazu, doch jede hat ihre eigenen Widersprüche. Mit Hilfe von Simulationen haben Forscher jetzt herausgefunden (Paper in den Physical Review Letters), dass das eine Modell näher an der Wahrheit liegen muss.

Dunkle Materie ist demach kalt und nicht verschwommen. Was heißt das? Das ältere Modell der Dunklen Materie geht davon aus, dass sie aus sehr großen und schweren Teilchen besteht, die kaum mit anderer Materie interagieren (“WIMPs”, Weakly Interacting Massive Particles). Diese Teilchen bewegen sich langsam, sie sind “kalt”. Ein neueres Modell hingegen nimmt an, dass Dunkle Materie sich aus sehr leichten Teilchen zusammensetzt, die sich schnell bewegen. Sie sind “heiß”, aber nicht nur das, ihre Bewegung ist auch den Gesetzen der Quantenphysik unterworfen, obwohl wir von Dimensionen sprechen, wo die Quantenohysik normalerweise keine Rolle spielt. Die heißen Teilchen sind gewissermaßen mal hier und mal dort, ihr genauer Ort und ihre Geschwindigkeit ist nicht gleichzeitig messbar, sie verschwimmen sozusagen, wenn man genauer hinsieht.

Die Forscher haben sich nun angesehen, wie das Intergalaktische Medium (IGM), das vor allem aus Dunkler Materie, Wasserstoff und ein bisschen Helium besteht, das Licht von fernen Objekten schluckt. Dann haben sie die Realität mit Modellrechnungen für kalte und verschwommene Dunkle Materie verglichen – und festgestellt, dass die ältere Theorie deutlich besser zur Wirklichkeit passt. Allerdings kann sie auch noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein, denn wäre sie komplett richtig, müsste die Milchstraße viel mehr Satelliten-Galaxien besitzen, als es in der Wirklichkeit der Fall ist. Es wäre auch nach wie vor möglich, dass sowohl das ultraleichte verschwommene Teilchen existieren als auch das ultraschwere, kalte Gegenstück. Nur dass das verschwommene Teilchen allein die Dunkle Materie bildet, ist damit unwahrscheinlich geworden.

Vergleich der Lichtabsorption im Intergalaktischen Medium (Bild: Vid Iršič)
Wasserstoffgas im Intergalaktischen Medium (Bild: Vid Iršič)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.