Enceladus: Seine Bahn um Saturn

Enceladus ist der sechstgrößte Mond des Ringplaneten Saturn, und er wurde auch als sechster Saturnmond entdeckt. Heute kennt man bereits 62 Saturnmonde. Von innen gezählt, ist er der vierzehnte Mond. In der klassischen Zählung jedoch war er der zweite, also erhielt er von der IAU die Bezeichnung Saturn II. Mit einem Durchmesser von im Mittel 505 Kilometern (entspricht der Luftlinie Berlin-München) ist Enceladus deutlich kleiner als der Erdmond (Durchmesser 2480 Kilometer), aber unter den Monden des gesamten Sonnensystems nimmt er immer noch Platz 17 ein. „Im Mittel“ deshalb, weil er von der Schwerkraft des Saturn leicht, nämlich um drei Prozent, abgeplattet wird. Diese Form nennt man Ellipsoid.

Mit dem bloßen Auge ist Enceladus von der Erde aus nicht zu beobachten. Seine scheinbare Helligkeit liegt bei 11,8 mag, bis maximal 6 mag erreicht das menschliche Auge bei besten Bedingungen.

Seine Bahn um den Planeten ist fast perfekt kreisförmig. Der mittlere Bahnradius liegt bei etwa 238.000 Kilometern. Enceladus ist, und das wird für das Verständnis der Vorgänge in seinem Inneren noch sehr wichtig, damit seinem Mutterplaneten sehr nahe. Die Bahn des Erdmond etwa ist 50 Prozent größer. Zudem ist Saturn viel, viel größer als die Erde: Die Entfernung zur „Oberfläche“ des Planeten beträgt von Enceladus aus nur knapp 180.000 Kilometer, und Saturn besitzt mit rund 95 Erdmassen auch eine 95 Mal höhere Anziehungskraft.

Diese starke Anziehung hat auf Enceladus verschiedene Auswirkungen; sie betrifft auch seinen Orbit. Über die Jahrmillionen hat sie dazu geführt, dass der Mond seinem Planeten stets dieselbe Seite zuwendet („gebundene Rotation“). Wer auf der falschen Seite von Enceladus landet, wird den Planeten also nie zu Gesicht bekommen, und vom Saturn aus ist immer nur die Vorderseite des Enceladus zu erblicken. Das ist beim Erdmond genauso.

Wie fast alle Saturn-Monde und auch die Ringe kreist Enceladus in einer Bahnebene um Saturn, die parallel zum Äquator des Planeten verläuft. Zur Ebene der Planetenbahnen um die Sonne („Ekliptik“) ist diese um rund 27 Grad geneigt. Auch seine Geschwister beeinflussen Enceladus’ Bahn, zumal sie ihm teilweise recht nahe kommen. Die Bahn des nächstinneren Mondes Pallene liegt zum Beispiel knapp 26.000 Kilometer entfernt, und der nächstäußere Tethys hat eine Entfernung von fast 57.000 Kilometern. Die dadurch entstehenden Gezeitenkräfte zwingen die Monde, eine Art kosmisches Ballett aufzuführen: Mit der mehr als doppelt so großen Dione befindet sich Enceladus in einer 2:1-Bahnresonanz; bei zwei Umläufen von Enceladus führt Dione also einen Umlauf aus. Mit Mimas, weiter innen gelegen und etwas kleiner, vereint ihn eine 3:2-Resonanz. Und mit dem oben schon erwähnten, doppelt so großen Tethys hat sich Enceladus auf eine 4:3-Bahnresonanz geeinigt.

Für einen Umlauf um Saturn braucht Enceladus einen Erd-Tag, acht Stunden und 53 Minuten. Dabei erreicht er eine Geschwindigkeit von 12,64 Kilometern pro Sekunde. Damit ist Enceladus zwölf Mal so schnell wie der Erdmond auf seinem Weg um Mutter Erde. Das liegt nicht daran, dass der Erdmond so faul ist, sondern daran, dass Saturn viel stärker an Enceladus zieht. Wäre er so langsam wie der Mond, gäbe es ihn längst nicht mehr. Der Mond, andererseits, risse sich im Nu auf ewig von der Erde los, würde er so schnell wie Enceladus seine Bahnen ziehen.

Wenn Sie den vierten Absatz richtig gelesen haben, wissen sie nun auch schon, wie schnell Enceladus sich um sich selbst dreht. Damit er Saturn immer dieselbe Seite zeigen kann, muss er nämlich bei einem Umlauf auch genau eine Rotation vollziehen. Die Achse, um die sich Enceladus dreht, steht dabei exakt senkrecht auf seiner Bahnebene. Deshalb ist Saturn an seinem Himmel auch immer fest am selben Punkt zu sehen. Die Drehachse der Erde hingegen steht schräg auf ihrer Bahnebene um die Sonne – anderenfalls gäbe es keine Jahreszeiten.

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.