Wie Gravitation kosmischen Staub und Gas durch den Perseus-Haufen treibt

Vor fünf Milliarden Jahren war im Perseus-Galaxienhaufen, etwa 240 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, noch alles in Ordnung. Gas, Staub und Sterne konzentrierten sind in einer konzentrischen Form. Doch dann muss ein kleinerer Galaxienhaufen in nicht allzu großer Entfernung vorüber gehuscht sein. Seine Schwerkraft versetzte das komplette System in Rotation, wie Forscher nun in einem Computermodell rekonstruiert haben. Der Film oben zeigt, wie sich der 250.000 Lichtjahre durchmessende Perseus-Haufen seit dem kleinen Anstoß von außen entwickelt hat.

Dass der Perseus-Haufen diese ungewöhnliche Entwicklung genommen hat, darauf brachte die Forscher eine heute sichtbare Struktur, die an eine Bucht erinnert. Tatsächlich kommt aus diesem Gebiet ungewöhnlich wenig Strahlung. Das ist nur zu erklären, wenn Perseus ursprünglich aus zwei Komponenten bestand, einem “kalten” Zentralgebiet mit nicht mehr als 30 Millionen Grad Celsius und einer “heißen” äußeren Zone mit 90 Millionen Grad Celsius. Wenn nun ein Galaxienhaufen von bloß etwa 1000facher Masse der Milchstraße in der geringen Entfernung von 650.000 Lichtjahren vorüber treibt, wirkt das, als würde man einen heißen Kaffee mit kalter Milch mit dem Löffel umrühren. Es entsteht eine expandierende Spirale aus kaltem Gas, das durch die heißen Außenschichten treibt.

Nach etwa 2,5 Milliarden Jahren hat diese sich etwa 500.000 Lichtjahre vom Zentrum entfernt. Dann bilden sich riesige Wirbel, die von der Spirale aus nach außen ziehen, dabei auch die sichtbare “Bucht” geformt haben und sich dann irgendwann auflösen. Es handelt sich bei diesem Phänomen wohl um so genannte Kelvin-Helmholtz-Wirbel, die immer dann auftreten, wenn es an der Grenzschicht zweier Stoffe Geschwindigkeitsunterschiede gibt, etwa wenn Wind über Wasser bläst. Auf der Erde sind sie im Meer zu beobachten, in bestimmten, typischen Wolkenformationen, im Plasma, das die Erde umgibt, auf der Sonne – und offenbar auch in gigantischer Größe im All.

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.