Wir bekommen Besuch – von einem Stern

Derzeit ist der uns nächste Stern – Proxima Centauri, den wir auch in Proxima Rising besuchen – von der Erde 4,24 Lichtjahre entfernt. Eine lange Reise, selbst das Licht braucht mehr als vier Jahre. Aber das wird sich bald ändern, “bald” jedenfalls in kosmischen Verhältnissen betrachtet. In 1,3 Millionen Jahren wird sich nämlich Gliese 710, ein Stern mit etwa 60 Prozent der Sonnenmasse, unserem System auf ein viertel Lichtjahr genähert haben. Am Nachthimmel ist der Stern dann heller als der Mars zu sehen. Vor allem aber wird erwartet, dass er die Oortsche Wolke stört, die noch weiter außen liegt, das Milliarden von Kometen umfassende Reservoir des Sonnensystems – und sich dann auch der ein oder andere neue Komet ins innere Sonnensystem begibt.

Ob das nun zur großen Katastrophe führt, wie einige Medien titelten, als diese Tatsache erstmals bekannt wurde, ist überhaupt nicht sicher. Tatsächlich ist die Existenz der Oortschen Wolke selbst bisher nur eine Theorie, die auf den riesigen Bahnen vieler Kometen beruht. Die “Wolke” selbst wurde noch nie beobachtet. Die größte Annäherung von Gliese 710 ist mit neuen Daten des Gaia-Satelliten der ESA jedoch nun sicherer als je zuvor. Zudem ist klar, dass der Stern sich relativ langsam bewegt und damit jede Menge Zeit haben wird, die Kometenbahnen zu stören.

Ein auf diesen Daten basierendes Paper schätzt zudem ab, welcher Stern uns noch wann besuchen wird. Demnach kommen alle eine Million Jahre uns zwischen 490 und 600 Sterne auf mindestens 16 Lichtjahre nahe. Auf 3,26 Lichtjahre (also deutlich näher als Proxima Centauri) nähern sich in diesem Zeitraum immerhin 19-24 Sterne. Die Oortsche Wolke muss deshalb ständigen Störungen ausgesetzt sein. Diese Prognose gilt allerdings nur für 5 Millionen Jahre in die Zukunft und in die Vergangenheit. Ein neues Gaia-Datenset wird 2018 eine Erweiterung des Modells auf die nächsten 25 Millionen Jahre erlauben. Ob ein Komet vor 66 Millionen die Dinosaurier auslöschte, weil ihn ein Stern in Richtung Erde schleuderte, ist damit immer noch nicht mit Gewissheit zu sagen.

Wer kommt wann (x-Achse) und wie nahe (y-Achse)? Die negative Zeitachse beschreibt die Vergangenheit (Bild: Coryn Bailer-Jones)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.