Woher kommen die Blasen außerhalb der Milchstraße?

Schon 2020 haben Astronomen haben in der ersten vollständigen Himmelskarte des Röntgenteleskops eRosita an Bord des SRG-Observatoriums eine auffallende Entdeckung gemacht: eine riesige kreisrunde Struktur aus heißem Gas unterhalb der Milchstraßenebene, die den größten Teil des südlichen Himmels einnimmt. Eine ähnliche Struktur am Nordhimmel, der sogenannte „Nordpolar-Sporn“, war bereits seit langem bekannt und man nahm an, dass er von einer frühen Supernova-Explosion stammte. Zusammengenommen scheinen die nördliche und die südliche Struktur stattdessen beide aus dem galaktischen Zentrum auszutreten und erinnern in ihrer Form an eine Sanduhr. Diese sog. eRosita-Blasen beschäftigen die Forscher seitdem weiter, und wie es aussieht, sind die Blasen komplexer als bisher angenommen.

Obwohl sie in ihrer Form den Fermi-Blasen verblüffend ähnlich sind, sind die eRosita-Blasen größer und energiereicher als ihre Gegenstücke. Die aufgrund ihrer Größe und Lage gemeinsam als “galaktische Blasen” bezeichneten Strukturen bieten eine spannende Möglichkeit, die Geschichte der Sternentstehung zu untersuchen und neue Hinweise auf die Entstehung der Milchstraße zu finden, so Anjali Gupta, Hauptautorin einer neuen Studie und Professorin für Astronomie am Columbus State Community College. Die eRosita-Blasen befinden sich in dem Gas, das die Milchstraße umgibt, ein Bereich, der als zirkumgalaktisches Medium bezeichnet wird.

“Unser Ziel war es, mehr über das zirkumgalaktische Medium zu erfahren, ein Bereich, der sehr wichtig ist, um zu verstehen, wie unsere Galaxie entstanden ist und sich entwickelt hat”, sagte Gupta. “Viele der Regionen, die wir untersuchten, befanden sich zufällig in der Region der Blasen, so dass wir sehen wollten, wie sich die Blasen von den weiter entfernten Regionen unterscheiden.” Frühere Studien waren davon ausgegangen, dass diese Blasen durch Gas aufgeheizt werden, das von der Galaxis nach außen geblasen wird.  “Wir waren deshalb überrascht, dass die Temperatur in der Blasenregion und außerhalb der Blasenregion dieselbe war”, so Gupta. Offenbar sind die Blasen hell, weil sie mit extrem dichtem Gas gefüllt sind, und nicht, weil sie heißer sind als die Umgebung.

Gupta und Smita Mathur, Mitautorin der Studie und Professorin für Astronomie an der Ohio State University, führten ihre Analyse anhand von Beobachtungen des Suzaku-Satelliten durch, einer gemeinsamen Mission der NASA und der japanischen Agentur für Raumfahrtforschung. Durch die Analyse von 230 Archivbeobachtungen, die zwischen 2005 und 2014 gemacht wurden, konnten die Forscher die diffuse Emission – die elektromagnetische Strahlung von Gas sehr geringer Dichte – der galaktischen Blasen sowie die anderen heißen Gase, die sie umgeben, charakterisieren.

Obwohl der Ursprung dieser Blasen in der wissenschaftlichen Literatur umstritten ist, ist diese Studie die erste, die diese Frage zu klären beginnt, so Mathur. Da das Team in den Blasen eine Fülle von nicht-solaren Neon- und Magnesium-Sauerstoff-Verhältnissen gefunden hat, deuten ihre Ergebnisse stark darauf hin, dass die galaktischen Blasen ursprünglich durch Sternentstehung oder durch die Energiezufuhr massereicher Sterne und andere astrophysikalische Phänomene entstanden sind, und nicht durch die Aktivitäten eines supermassiven Schwarzen Lochs. “Unsere Daten stützen die Theorie, dass diese Blasen höchstwahrscheinlich durch intensive Sternentstehungsaktivität im galaktischen Zentrum entstanden sind”, so Mathur.

Die SRG/eROSITA-Himmelskarte als Falschfarbenbild (rot für Energien 0.3-0.6 keV, grün für 0.6-1.0 keV, blau für 1.0-2.3 keV). (Bild:
MPE/IKI)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.