Ältere Sterne drehen sich schneller als erwartet

Nicht nur Menschen verlieren im Alter an Beweglichkeit – auch Sterne rotieren dann langsamer. Alle Sterne werden mit einem Drehimpuls geboren, der aus der Rotation der protostellaren Wolke kommt. Wenn sie dann älter werden, verlangsamt sich ihre Drehung in einem Prozess, der “magnetisches Bremsen” genannt wird. Eine 2016 veröffentlichte Studie von Wissenschaftlern der Carnegie Observatories lieferte die ersten Hinweise darauf, dass sich Sterne in einem ähnlichen Lebensstadium wie die Sonne schneller drehen, als die Theorien zum magnetischen Bremsen vorhersagen. Die Ergebnisse dieser Studie basierten auf einer Methode, bei der die Wissenschaftler dunkle Flecken auf der Oberfläche von Sternen lokalisieren und verfolgen, wie sie sich mit dem Spin der Sterne bewegen. Während sich die Methode für die Messung des Drehimpulses bei jüngeren Sternen als robust erwiesen hat, haben ältere Sterne jedoch weniger Sternflecken, was die Auswirkungen dieser abgeschwächten magnetischen Bremsung auf diese Sterne schwer zu bestätigen machte.

In einer neuen Studie, die in Nature Astronomy veröffentlicht wurde, verwendeten Forscher der Universität Birmingham einen anderen Ansatz, um zu bestätigen, dass ältere Sterne tatsächlich schneller zu rotieren scheinen als erwartet. Das Team verwendete die Asteroseismologie, um zu berechnen, wie der Stern rotiert. Dieses relativ neue Forschungsgebiet ermöglicht es den Wissenschaftlern, die Schwingungen zu messen, die im Inneren des Sterns gefangene Schallwellen verursachen. Indem die Wissenschaftler die verschiedenen Eigenschaften dieser Wellen messen, können sie bestimmte Charakteristika von Sternen aufdecken, etwa ihre Größe oder ihr Alter.

In dieser speziellen Studie hat das Team die Frequenzen der Schallwellen gemessen, die durch die Schwingung des Sterns erzeugt werden. Wenn sich der Stern dreht, spalten sich diese in verschiedene Frequenzen auf. Das kann man sich, so die Autoren, wie das Geräusch von zwei Krankenwagen vorstellen, die auf einem Kreisverkehr stehen, im Vergleich zu dem, wenn sie im Kreis fahren. Durch die Messung dieser Frequenzen ist es möglich, die Rate der Drehung zu berechnen, und zwar sowohl für junge als auch für alte Sterne.

Ein Aspekt, von dem die Forscher glauben, dass er der Schlüssel für die Veränderung des Impulsverlustes sein könnte, sind Veränderungen im Magnetfeld des Sterns. Zu verstehen, wie das Magnetfeld mit der Rotation interagiert, wird ein wichtiges Gebiet für zukünftige Studien sein und wird von den Autoren der Studie bearbeitet.

Die Ergebnisse könnten auch Aufschluss über die Aktivität unseres eigenen Sterns in den nächsten Milliarden Jahren geben, erklärt Co-Autor Dr. Guy Davies: “Diese neuen Erkenntnisse zeigen, dass wir noch viel über die Zukunft unserer eigenen Sonne und anderer Sterne lernen müssen. Diese Arbeit hilft dabei, in die richtige Perspektive zu rücken, ob wir in Zukunft mit einer geringeren Sonnenaktivität und schädlichem Weltraumwetter rechnen müssen oder nicht. Um diese Fragen zu beantworten, brauchen wir bessere Modelle der Sonnenrotation, und diese Arbeit ist ein wichtiger Schritt, um die Modelle zu verbessern und die Daten zu liefern, die nötig sind, um sie zu testen.”

Im Inneren von Sternen gefangene Schallwellen bringen sie in bestimmten Frequenzen zum Schwingen. Diese Schwingungen sind auf der Oberfläche sichtbar und können von Astronomen mit Weltraumteleskopen gemessen werden. Wenn ein Stern rotiert, ändern sich diese Schwingungsfrequenzen geringfügig, so dass es möglich ist, die Rotation des Sterns zu messen, indem man betrachtet, wie sich seine Oberfläche im Laufe der Zeit verändert. Die Untersuchung dieser Schwingungen (Asteroseismologie genannt) kann auch verwendet werden, um Eigenschaften wie die Masse und das Alter eines Sterns zu messen. Dadurch können wir genauer verstehen, wie sich die Rotation und Aktivität von Sternen im Laufe der Zeit entwickelt, was unser Verständnis von Sternen, Exoplanetensystemen und unserem eigenen Sonnensystem verbessert. (Bild: Mark Garlick / Universität von Birmingham)

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BrandonQMorris
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  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.