Die flachste Explosion

Eine Explosion von der Größe unseres Sonnensystems hat die Wissenschaftler verblüfft, da ihre Form – ähnlich einer extrem flachen Scheibe – alles in Frage stellt, was wir über Explosionen im Weltraum wissen. Bei der beobachteten Explosion handelte es sich um eine helle Fast Blue Optical Transient (FBOT) – eine extrem seltene Explosionsart, die viel seltener als etwa Supernovae. Die erste helle FBOT wurde im Jahr 2018 entdeckt und erhielt den Spitznamen “die Kuh”.

Explosionen von Sternen im Universum sind fast immer kugelförmig, da die Sterne selbst kugelförmig sind. Diese Explosion, die sich in 180 Millionen Lichtjahren Entfernung ereignete, ist jedoch die flachste, die je im Weltraum entdeckt wurde, mit einer scheibenförmigen Form, die wenige Tage nach ihrer Entdeckung entstand. Dieser Teil der Explosion könnte von Material stammen, das der Stern kurz vor seiner Explosion abgeworfen hat. Es ist immer noch unklar, wie helle FBOT-Explosionen entstehen, aber man hofft, dass diese Beobachtung uns diesem Verständnis näher bringt.

Dr. Justyn Maund, Hauptautor der Studie aus dem Fachbereich Physik und Astronomie der Universität Sheffield, sagt: “Über FBOT-Explosionen ist nur sehr wenig bekannt – sie verhalten sich einfach nicht so, wie explodierende Sterne es sollten, sie sind zu hell und entwickeln sich zu schnell. Einfach gesagt, sie sind seltsam, und diese neue Beobachtung macht sie noch seltsamer. Es gibt einige mögliche Erklärungen dafür: Die betroffenen Sterne könnten kurz vor ihrem Tod eine Scheibe erzeugt haben, oder es könnte sich um gescheiterte Supernovae handeln, bei denen der Kern des Sterns zu einem Schwarzen Loch oder Neutronenstern kollabiert, der dann den Rest des Sterns verschlingt.”

Die Wissenschaftler machten die Entdeckung, nachdem sie zufällig einen Blitz aus polarisiertem Licht entdeckt hatten. Mit dem Liverpool Telescope, das sich auf La Palma befindet, konnten sie die Polarisation der Explosion messen – mit dem astronomischen Äquivalent einer polarisierenden Sonnenbrille. Die Messung der Polarisation ermöglichte es ihnen, die Form der Explosion zu messen und so etwas von der Größe unseres Sonnensystems zu sehen, das sich jedoch in einer 180 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie befindet. Anhand der Daten konnten sie dann die 3D-Form der Explosion rekonstruieren und die Ränder der Explosion kartieren. Der Spiegel des Liverpool Telescope hat nur einen Durchmesser von 2 Metern, aber durch die Untersuchung der Polarisation konnten die Astronomen die Form der Explosion so rekonstruieren, als hätte das Teleskop einen Durchmesser von etwa 750 km.

Die Forscher werden nun eine neue Durchmusterung mit dem internationalen Vera-Rubin-Observatorium in Chile durchführen, die dazu beitragen soll, weitere FBOTs zu entdecken und sie besser zu verstehen.

Eine flache Explosion (künstlerische Darstellung, Bild: Phil Drury, University of Sheffield)

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BrandonQMorris
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  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.