Die große Leere als abstoßende Kraft

Die Struktur unseres Universums lässt sich im großen Maßstab an den Bewegungen der darin verteilten Galaxien ablesen. Diese sind keineswegs über das gesamte All gleich verteilt, wie man das wegen der Expansion des Kosmos vermuten könnte. Unsere lokale Gruppe (ein Galaxienhaufen von 5 bis 8 Millionen Lichtjahren Durchmesser, zu dessen größten Mitgliedern Andromeda und die Milchstra0e gehören) bewegt sich zum Beispiel relativ zur kosmischen Hintergrundstrahlung mit 631 Kilometern pro Sekunde.

Ein Paper in Nature Astronomy zeigt nun eine spannende Tatsache: Verfolgt man die Bewegung der lokalen Gruppe im dreidimensionalen Raum, dann ergibt sich eine faszinierende Struktur, die aus einem anziehenden und einem abstoßenden Element besteht. Die Anziehungskraft scheint vom Shapley-Superhaufen auszugehen, einer riesigen Galaxien-Ansammlung in einer Entfernung von 650 Millionen Lichtjahren. Das hatte man zuvor bereits vermutet, auch wenn man nicht ganz sicher war, ob die im Shapley-Superhaufen beobachtete Materie zur Erklärung der Anziehungskraft genügt.

Das muss sie aber offenbar auch nicht, denn etwa die Hälfte dieser Kraft – womöglich sogar mehr – trägt ein abstoßendes Element bei, das sich in der Simulation zum ersten Mal gezeigt hat. Es befindet sich in einem Void, einer extragalaktischen Leere also, einem weitgehend leeren Teil des Universums (die Astronomen sprechen hier von “underdensity”).

Welcher Natur ist die abstoßende Kraft? Im leeren Raum existiert nicht etwa negative Gravitation. Vielmehr zeigt sich in der Struktur aus Anziehungs- (Attractor) und Abstoßungspunkt (Repeller) das Potenzial des Gravitationsfeldes in unserem Teil des Universums. Der Repeller ist ein “Tal” im Gravitationsfeld, der Attractor ein Berg. Das Video erklärt die Verhältnisse anschaulich und gibt außerdem einen spannenden Überblick über die Mega-Strukturen unseres Universums.

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.