Die verschwundenen Schwarzen Löcher der Mittelklasse

Bei Schwarzen Löchern ist der Unterschied zwischen Arm und Reich (an Masse) besonders groß. Da gibt es zum einen die Vertreter, die beim Ableben eines Sternes entstanden sind. Hier weiß man ziemlich genau, was zu erwarten ist – je nach Masse des Ausgangssternes natürlich, aber solche Löcher bleiben winzig im Vergleich zu den riesigen Schwarzen Löchern im Kern der meisten Galaxien.

Dazwischen gibt es anscheinend nichts, niente, nada, keine Mittelklasse nennenswerten Umfangs jedenfalls, zumindest hat man bisher keine nachweisen können. Denn eigentlich sollte es auch solche mittleren Schwarzen Löcher geben. Die Gravitationswellen, die LIGO kürzlich nachgewiesen hat, sollen zum Beispiel von der Vereinigung gleich zweier solcher Mittel-Löcher stammen. Entstanden sind sie, so die Theorie, sehr frühzeitig in der Geschichte des Alls. Das Universum war damals schlichtweg noch so klein und damit dicht, dass lokale Dichteschwankungen an manchen Stellen so viel Gas zusammenballten, dass die Masse zu Schwarzen Löcher kollabierte.

Es sollte eine Menge solcher mittleren Schwarzen Löcher geben, meinen die gängigen Modelle. Man vermutete sogar, dass ein erheblicher Teil der Dunklen Materie von ihnen gebildet wird, die etwa 80 Prozent der Gesamtmasse des Universums ausmacht. Allerdings hat man bisher nur sehr wenige identifiziert. Das wird vermutlich auch so bleiben, begründen spanische Forscher mit Hilfe von Berechnungen. Die Forscher haben 24 so genannte Gravitationslinsen untersucht, bei denen ein Objekt im Vordergrund das Licht weit dahinter befindlicher Objekte deutlich verstärkt. Falls die Annahme stimmt, dass es eine Menge bisher unentdeckter mittlerer Schwarzer Löcher gibt, müsste zumindest ein Teil davon zu den bekannten Gravitationslinsen beitragen.

Die Forscher haben in ihrem Paper nun berechnet, wie schwer die Objekte im Vordergrund sind. Das Ergebnis: es handelt sich zum allergrößten Teil um Schwarze Löcher, die beim Kollaps von Sternen entstanden sein müssen und damit quasi zur Unterschicht gehören.

Das Bild zeigt die Zenralregion der Galaxie NGC1313. Sie beheimatet die ultrahelle Röntgenquelle NCG1313X-1, die als Kandidat für ein Schwarzes Loch mittlerer Größe gilt. NGC1313 ist 50.000 Lichtjahre groß und befindet sich in 14 Millionen Lichtjahren Entfernung (Bild: ESO)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.