Eu:Cropis – mehr als nur Tomatenanbau im Weltall

Am Abend des dritten Dezember war ich im Kontrollzentrum Oberpfaffenhofen Zeuge, wie eine SpaceX-Rakete erfolgreich ins All gestartet ist und vom DLR-Team schließlich die Kontrolle über den ausgesetzten Satelliten übernommen wurde. Seitdem schwebt nun ein neuer Garten im All. Entwickelt von Forschern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und gebaut von den Spezialisten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) soll Eu:Cropis untersuchen, wie ein geschlossenes biologisches Lebenserhaltungssystem im All funktionieren und zur Nahrungsgewinnung eingesetzt werden kann.

Die Abkürzung steht für »Euglena and Combined Regenerative Organic-Food Production in Space«. Daran ist schon zu erkennen, dass die fotogenen Tomatenpflanzen, die an Bord des einen Kubikmeter großen Satelliten wachsen sollen, nicht die Hauptrolle spielen. Diese ist vielmehr Eugena vorbehalten, Eugena gracilis nämlich, einem mit dem bloßen Auge nicht sichtbaren Einzeller aus der Gattung der Augentierchen. Euglena produziert photosynthetisch Sauerstoff, wenn die keimenden Pflanzen dazu noch nicht in der Lage sind, und entgiftet das System, wenn der Nitratgehalt zu hoch wird. Denn die Nährstoffe, die die Pflanzen brauchen, muss erst ein mit Bakterien arbeitender Biofilter aus künstlichem Urin herstellen. Biofilter haben aber wie jedes biologische System die Eigenschaft, dass sie nicht immer regelmäßig arbeiten. Euglena sorgt dann für den nötigen Ausgleich.

Dass die Pflanzen wachsen und vielleicht auch Früchte tragen, dient dann nur der Bestätigung, dass der Versuch erfolgreich war. Sicher ist das nicht, denn die Samen sind durch den Aufenthalt im All Belastungen ausgesetzt. Der Satellit simuliert zunächst die Schwerkraft des Mondes, später dann die Schwerkraft des Mars, und parallel werden die Pflanzen von der kosmischen Strahlung bombardiert. Sollte die auf 62 Wochen angelegte Mission gelingen, wäre das ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu längeren Missionen ins All – oder auch zum Mars. Der im Satelliten getestete Biofilter könnte aber auch auf der Erde Urin und Gülle in Nährstoffe für Pflanzen umwandeln und damit die Böden entlasten.

Blick in den Kontrollraum vor dem Start
Das fliegende Gewächshaus Eu:Cropis (künstlerische Darstellung, Bild: DLR (CC-BY 3.0))

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.