Frühgeburt? Der am weitesten entfernte Quasar wirft Fragen auf

Astronomen haben den bisher am weitesten entfernten Quasar entdeckt. Das ungeheure Himmelsobjekt namens J0313-1806, das schon 670 Millionen Jahre nach dem Urknall existiert hat, leuchtet tausendmal heller als die Milchstraße und wird von einem weiteren Extrem angetrieben, dem frühesten supermassiven Schwarzen Loch, das mehr als 1,6 Milliarden Mal so viel Masse wie die Sonne hat. Dieser voll ausgebildete ferne Quasar mit einer Rotverschiebung von z = 7,64, der vor mehr als 13 Milliarden Jahren entstanden ist, ist auch der früheste bisher entdeckte Quasar, der den Astronomen einen Einblick in die Entstehung massereicher Galaxien im frühen Universum gibt.

Quasare, die durch die Fressorgien kolossaler Schwarzer Löcher angetrieben werden, sind die energiereichsten Objekte im Universum. Sie entstehen, wenn Gas in der überhitzten Akkretionsscheibe um ein supermassives Schwarzes Loch unaufhaltsam nach innen gezogen wird und dabei Licht über das gesamte elektromagnetische Spektrum ausstrahlt. Die von Quasaren ausgestrahlte Energiemenge ist enorm, wobei die massivsten Exemplare ganze Galaxien in den Schatten stellen. Die Studie fasst die Daten von mehreren Observatorien zusammen.

Obwohl J0313-1806 nur 20 Millionen Lichtjahre weiter entfernt ist als der bisherige Rekordhalter, enthält der neue Quasar ein doppelt so schweres supermassives Schwarzes Loch. Dies stellt einen bedeutenden Fortschritt für die Kosmologie dar, da es wichtige Erkenntnisse über die Entstehung von Schwarzen Löchern im frühen Universum liefert. Denn Quasare, die bereits zu einer Zeit, als das Universum noch sehr jung war, Millionen, wenn nicht Milliarden von Sonnenmassen in ihren Schwarzen Löchern angesammelt haben, stellen die Wissenschaftler vor eine Herausforderung. Wie können sie entstanden sein, obwohl sie kaum Zeit dafür hatten?

Eine allgemein akzeptierte Erklärung für die Entstehung Schwarzer Löcher besagt, dass ein Stern am Ende seines Lebens als Supernova explodiert und zu einem Schwarzen Loch kollabiert. Wenn solche Schwarzen Löcher mit der Zeit verschmelzen, können sie – theoretisch – zu supermassiven Schwarzen Löchern anwachsen. Doch ähnlich wie es viele Lebenszeiten bräuchte, um eine Altersrente aufzubauen, indem man jedes Jahr einen Euro einzahlt, sind Quasare im frühen Universum ein bisschen wie Kleinkind-Millionäre; sie müssen ihre Masse auf andere Weise erworben haben.

Der neu entdeckte Quasar liefert dafür Entscheidungskriterien, indem er zwei aktuelle Modelle ausschließt, wie sich supermassive Schwarze Löcher in so kurzen Zeiträumen bilden. Im ersten Modell bilden massereiche Sterne, die größtenteils aus Wasserstoff bestehen, die erste Generation von Sternen in einer jungen Galaxie und damit die Nahrung für das entstehende Schwarze Loch. Das zweite Modell geht von dichten Sternhaufen aus, die gleich zu Beginn zu einem massiven Schwarzen Loch kollabieren.

Quasar J0313-1806 weist jedoch ein Schwarzes Loch auf, das zu schwer ist, um durch eines der genannten Szenarien erklärt zu werden, so das Team, das ihn entdeckt hat. Das Team berechnete, dass das Schwarze Loch in seinem Zentrum, wenn es sich bereits 100 Millionen Jahre nach dem Urknall gebildet hätte und so schnell wie möglich gewachsen wäre, zu Beginn immer noch mindestens 10.000 Sonnenmassen schwer gewesen sein müsste.

“Das verrät, dass der Keim dieses Schwarzen Lochs durch einen anderen Mechanismus entstanden sein muss”, sagt Co-Autor Xiaohui Fan. “In diesem Fall einen, bei dem riesige Mengen an primordialem, kaltem Wasserstoffgas direkt in ein Schwarzes Loch kollabieren.” Da dieser Mechanismus keine vollwertigen Sterne als Rohmaterial benötigt, ist es der einzige, der es dem supermassiven Schwarzen Loch des Quasars J0313-1806 erlauben würde, zu einem so frühen Zeitpunkt im Universum auf 1,6 Milliarden Sonnenmassen zu wachsen. Das mache den neuen Rekord-Quasar so wertvoll, erklärt Fan.

Ein internationales Team von Astronomen hat den am weitesten entfernten Quasar im Universum entdeckt, der rund 670 Millionen Jahre nach dem Urknall schon voll ausgebildet ist. (Illustration: NOIRLab/NSF/AURA/J. da Silva)

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BrandonQMorris
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  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.