Mit Blue Origin ins All: Probesitzen in New Shepard
Noch 2019 will das private Raumfahrtunternehmen Blue Origin die ersten Menschen über die Karman-Linie in 100 Kilometern Höhe und damit offiziell ins All bringen. Die von Jeff Bezos (Amazon) gegründete Firma setzt dazu auf “New Shepard”, eine Suborbital-Rakete mit Passagier- und Frachtkapsel, die ferngesteuert startet und auch wieder landet – und wiederverwendbar ist. Wie teuer die Flüge sein werden, ist noch nicht klar, aber Konkurrent Virgin Galactic hat für 250.000 Dollar etwas Vergleichbares (allerdings nicht mit “richtiger” Rakete und nicht über die Karman-Linie) im Angebot.
Die Kapsel konnte ich im Rahmen der Re:MARS-Konferenz von Amazon in Las Vegas ausprobieren – ohne Start natürlich. Sechs Passagiere finden darin Platz. Jeder Mitreisende hat ein eigenes, großes Fenster (deutlich größer als im Flugzeug). Der Platz ist natürlich etwas begrenzt. Die Liegesitze sind deshalb so konstruiert, dass sie im Knie abknicken. Trotzdem fühlen sie sich sehr bequem an. Was auch nicht ganz unwichtig ist, schließlich muss man darin 4,7 g (fast die fünffache Erdbeschleunigung) ertragen.
Ein Display am Fenster zeigt, wie es dem Gefährt gerade ergeht. Bei Erreichen der Maximalhöhe (Apogee) können sich die Passagiere abschnallen und für einige Minuten Schwerelosigkeit erleben. Danach geht es wieder abwärts – zuerst im freien Fall, dann bremsen Fallschirme und schießlich das Triebwerk der Kapsel. Auch die Rakete landet aus eigener Kraft wieder aufrecht; alle Komponenten sind mehrfach verwendbar. Bezos stellt sich vor, dass das System dereinst wie bei einem Flugzeug sofort erneut genutzt werden kann. Das dürfte die Kosten dann so richtig nach unten bringen.
Start und Landung finden übrigens in West-Texas statt, dort hat Blue Origin einen eigenen kleinen Raumhafen errichtet, und in der Wüste ist genügend Platz für die Landungen. Der Zylinder in der Mitte verbirgt den Raketenmotor, der die Kapsel im Notfall von der Rakete trennt – das hat im Test nun schon mehrfach funktioniert.