Woraus die Wolkenschichten über dem Hexagon des Saturns bestehen

Der Jupiter hat seinen Großen Roten Fleck – der Saturn dafür sein gewaltiges Hexagon. Am Nordpol des Planeten rotiert seit langer Zeit eine sechseckige Struktur, die 29.000 Kilometer durchmisst. Damit ist das Hexagon deutlich größer als der Jupiter-Fleck mit seinen 16.000 Kilometern und mehr als doppelt so groß wie die ganze Erdkugel. Entdeckt wurde das Hexagon (im Bild unten im Infrarot fotografiert) erstmals 1981 von Voyager 1.

Einen ausführlichen Blick auf die Struktur, die für eine Rotation etwa zehn Stunden und 39 Minuten braucht, erlaubte ab 2006 die Cassini-Sonde von NASA und ESA. Klar scheint zu sein, dass das Hexagon von über 300 km/h schnellen Jetstreams gebildet wird. Wie die ungewöhnliche Form entsteht, ist noch nicht völlig geklärt. Eine Ursache könnte darin liegen, dass die Windgeschwindigkeiten sich je nach Breitengrad stark unterscheiden. Bei Laborsimulationen in einem runden Wassertank entstanden ebenfalls regelmäßige Vielecke, wenn die Flüssigkeit in der Mitte schneller rotierte als am Rand.

Aber wie ist das Hexagon in der senkrechten Dimension aufgebaut? Das beschreiben jetzt Forscher der Universität des Baskenlands in einem Paper. Die Astronomen analysierten dazu zahlreiche Fotos von Cassini. “Die Cassini-Bilder erlaubten uns den Nachweis, dass sich über dem Hexagon ähnlich wie bei einem Sandwich bis zu sieben Schichten aufbauen, die sich von der Basis bis in eine Höhe von 300 Kilometern erstrecken”, sagt Professor Agustín Sánchez-Lavega, der die Studie leitete. Andere Eiswelten wie etwa Titan oder Pluto besitzen solche Schichten ebenfalls, aber nicht in so regelmäßiger Form. Vertikal durchmisst jede Schicht zwischen 7 und 18 Kilometer. Sie enthalten Teilchen in der Größenordnung von einem Mikrometer. Ihre chemische Zusammensetzung mutet exotisch an; wegen der niedrigen Temperaturen zwischen -120 und -180 Grad Celsius bestehen sie z.B. aus Kohlenwasserstoff-Eiskörnern wie Acetylen, Propan oder Butan.

Warum sind die Schichten so regelmäßig? Das könnte an der vertikalen Ausbreitung von atmosphärischen Gravitationswellen liegen, die Oszillationen in Dichte und Temperatur der Atmosphäre erzeugen. Das Phänomen hat nichts mit den Gravitationswellen der Raumzeit zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine Erscheinung, die man etwa auch von Erde und Venus kennt. Auf der Erde werden sie in mittleren Breiten von 100 km/h schnellen Jetstreams erzeugt, auf der Venus wurden sie ebenfalls in den nördlichen Breiten nachgewiesen.

Das Hexagon und seine Wolken-Struktur (Bild oben: UPV/EHU, Bild: JPL)

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BrandonQMorris
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  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.