Doch kein neunter Planet?

Etwa seit Anfang dieses Jahrtausends suchen Astronomen aktiv nach einem Planeten jenseits der Neptunbahn. »Planet X« wurde nach der Degradierung des Pluto zu »Planet IX«, aber gleichzeitig vermehrten sich die Hinweise auf seine Existenz. Der neunte Planet müsste demnach etwa zehnfache Erdmasse besitzen und mit einer Halbachse zwischen 400 und 1500 Astronomischen Einheiten (Entfernung Sonne – Erde) um die Sonne kreisen. Dass es ihn gibt, leiteten die Forscher aus der Entdeckung transneptunischer Objekte wie Sedna ab, den sogenannten distant detached objects, die sich auf stark elliptischen und deutlich gegen die Ekliptik geneigten Bahnen bewegen.

Theoretisch müsste ein solcher Planet mit den leistungsfähigsten Teleskopen heute schon zu entdecken sein; gefunden hat man ihn allerdings trotz intensiver Suche noch nicht. Seine Entdecker würden zweifellos in die Geschichte eingehen.

Andere Erklärungen für die Existenz dieser Planetoiden gibt es schon länger. Nun stellen jedoch Forscher der University of Cambridge und der American University of Beirut eine alternative Theorie vor, in der Planet IX nicht mehr benötigt wird. Die Theore bezieht als erste sowohl die Massen aller anderen Planeten als auch die Masse des Kuipergürtels in die Berechnungen ein und leitet daraus die ungewöhnlichen Bahnen der Planetoiden her. Benötigt wird dazu ein das Sonnensystem umgebender Gürtel aus Eis und Staub, der etwa zehn Erdmassen besitzen müssen. Einen solchen Bereich kennen wir schon; es ist der Kuipergürtel.

Allerdings scheint er nach den aktuellen Beobachtungen mit höchstens einem Zehntel der Erdmasse deutlich zu leicht zu sein, um einen derartigen Einfluss auszuüben. Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass ein Bereich aus derart kleinen, weit verteilten Objekten von innen sehr schwer korrekt zu vermessen ist. Womöglich bemerken wir den größten Teil des Kuipergürtels gar nicht? Sieht man sich andere Sonnensysteme an, kann man an diesen durchaus noch deutlich größere und schwerere Gürtel aus den Trümmerteilen finden, die bei der Entstehung des Systems übrig geblieben sind. Die Forscher schließen zudem nicht aus, dass beide Erklärungen zu den gemessenen Orbits von Sedna & Co. beitragen – also ein massiver Eisgürtel und ein weiterer Planet.

Künstlerische Darstellung eines neunten Planeten (Bild: Caltech/R. Hurt (IPAC))

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BrandonQMorris
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  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.