Dunkle Materie: Dem Z’-Boson auf der Spur

Fast 1000 Physiker aus 26 Ländern haben sich einer kollektiven Aufgabe verschrieben: Im Belle-2-Experiment suchen sie nach Anzeichen einer neuen Physik, die unter anderem die Dunkle Materie erklären könnte. Dieses Phänomen, dessen Existenz im Universum gleich mehrfach sichtbar ist, verweigert sich Erklärungen mit Hilfe des aktuellen Standardmodells der Physik bislang hartnäckig. Im Belle-2-Experiment lassen die Forscher im Beschleunigerring SuperKEKB im japanischen Tsukuba Elektronen mit ihren Antiteilchen, den Positronen (gleich schwer, aber entgegengesetzte Ladung kollidieren.

Die Hoffnung: bei diesen Kollisionen Spuren eines neuen Elementarteilchens zu finden, des Z’-Bosons (ausgesprochen: zee prime). Das Z’ ist im Standardmodell nicht enthalten. Es wird aber gebraucht, wenn sich Erweiterungen der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung (die die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung vereint) als korrekt herausstellen. Oder andersherum: findet man Z’, wäre das ein wichtiges Indiz, dass wir bei der Erweiterung des Standardmodells auf dem richtigen Weg sind.

Das Z’-Boson hat nur eine sehr kurze Halbwertszeit. Deshalb soll es im Belle-II-Experiment indirekt nachgewiesen werden. Theoretische Modelle und Simulationsrechnungen sagen nämlich voraus, dass sich das Z’ durch Wechselwirkungen mit Myonen, schwereren Verwandten der Elektronen, verraten könnte: Wenn die Forscher die Daten aus dem SuperKEKB auswerten und dabei eine ungewöhnliche hohe Anzahl an Myonen-Paaren mit gegensätzlicher Ladung sowie unerwartete Abweichungen bei Energie- und Impulserhaltung entdecken, wäre das ein wichtiges Indiz für die Existenz des Z’-Bosons.

In den Physical Review Letters stellt die Kooperation nun erste Ergebnisse vor. Diese lieferten leider noch keine Anzeichen für das Z’-Boson. Jedoch können die Forscher mit ihrer Hilfe nun die Masse und die Kopplungsstärken des Z’-Bosons (beschreibt, wie stark die durch das Boson vermittelte Kraft ist) mit einer bisher unerreichbaren Genauigkeit einschränken. Demnach müsste das Z’-Boson leichter als 6 GeV/c2 sein; sein Geschwister, das 1983 entdeckte Z0-Boson des Standardmodells, ist hingegen über 90 GeV/c2 schwer.

Diese ersten Ergebnisse, schreiben die Forscher in einer Pressemitteilung, “stammen aus der Analyse einer kleinen Menge an Daten, die noch in der Anlaufphase von SuperKEKB im Jahr 2018 gewonnen wurden. Seinen Vollbetrieb nahm Belle II am 25. März 2019 auf. Seither sammelt das Experiment Daten, während gleichzeitig die Kollisionsrate von Elektronen und Positronen stetig verbessert wird. Wenn das Experiment perfekt eingestellt ist, wird es ein Vielfaches der Daten liefern, die in die aktuell veröffentlichten Analysen eingeflossen sind. Die Physikerinnen und Physiker hoffen, auf diese Weise neue Erkenntnisse über die Natur der Dunklen Materie und andere ungeklärte Fragen zu erzielen.”

Was hat das Z’-Boson aber nun mit der Dunklen Materie zu tun? Die Forscher stellen es sich als möglichen Vermittler zwischen normaler und Dunkler Materie vor. Es könnte auch, wenn es durch Kollisionsprozesse entstanden ist, zunächst in (noch unbekannte) Dunkle-Materie-Partikel zerfallen.

Elektronen und Positronen werden im Belle II-Detektor zur Kollision gebracht (Bild: Bele II)
Der Belle II-Detektor sucht nach dem Z‘-Boson. Dieses könnte sich – wie hier dargestellt – durch das gehäufte Auftreten von Myonen-Paaren mit entgegengesetzter Laufung zeigen (Bild: Belle II)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.