Eisenregen In den Abendstunden

Der Planet WASP-76b, von der Erde etwa 640 Lichtjahre entfernt, umkreist seinen Stern WASP-76 einmal alle etwa 1,8 Tage im relativ geringen Abstand von nur 0,03 Astronomischen Einheiten (AE). Die Erde ist eine AE von der Sonne entfernt. Der Stern WASP-76 ist etwas größer und heißer als die Sonne, aber für den ihn umkreisenden Planeten spielt das keine große Rolle mehr. Bei so geringem Abstand wird es einfach verdammt heiß. Der Planet, beinahe so schwer wie unser Jupiter, gilt deshalb auch als “Heißer Jupiter”. Die große Hitze hat diese Welt stark aufgebläht; WASP-76b hat einen deutlich größeren Umfang als unser Jupiter.

Aber das ist nicht die spannendste Besonderheit des Planeten. WASP-76b umläuft seinen Stern in gebundener Rotation, wendet ihm also immer dieselbe Seite zu. Es ist so heiß, dass sich die Moleküle in Atome aufspalten und Metalle wie Eisen in die Atmosphäre verdampfen. Bewegt sich ein Beobachter nun von der immer dunklen Nachtseite (Durchschnittstemperatur: 1500 Grad Celsius) zur noch viel heißeren Tagseite (2400 Grad), wird er auf ein unangenehmes Phänomen stoßen: In einer planetenumspannenden Front regnet es flüssiges Eisen. Die Erklärung dafür liefern Astronomen der Europäischen Südsternwarte (ESO) in einem Artikel in Nature.

“Die Beobachtungen zeigen, dass in der Atmosphäre der heißen Tagseite von WASP-76b Eisendampf im Überfluss vorhanden ist”, erklärt María Rosa Zapatero Osorio, Astrophysikerin am Zentrum für Astrobiologie in Madrid, Spanien, und Vorsitzende des ESPRESSO-Wissenschaftsteams. “Ein Bruchteil dieses Eisens wird aufgrund der Rotation des Planeten und der atmosphärischen Winde in die Nachtseite eingetragen. Dort trifft das Eisen auf viel kühlere Umgebungen, kondensiert und regnet herunter.” Deshalb „sehen wir den Eisendampf jedoch nicht am Morgen“, erklärt David Ehrenreich, Professor an der Universität Genf in der Schweiz, der die Studie über diesen ungewöhnlichen Planeten leitete.

Diese Abbildung zeigt eine Ansicht der Nachtseite des Exoplaneten WASP-76b. Der ultraheiße Riesen-Exoplanet hat eine Tagseite, auf der die Temperaturen auf über 2400 Grad Celsius steigen, hoch genug, um Metalle zu verdampfen. Starke Winde tragen Eisendampf zur kühleren Nachtseite, wo er zu Eisentröpfchen kondensiert. Links im Bild sehen wir die abendliche Randzone des Exoplaneten, wo er vom Tag in die Nacht übergeht. (Bild: ESO/M. Kornmesser)
Diese comicartige Illustration des Schweizer Schriftstellers Frederik Peeters zeigt eine Nahaufnahme der abendlichen Randzone des Exoplaneten WASP-76b. Der ultraheiße Riesen-Exoplanet hat eine Tagseite, auf der die Temperaturen auf über 2400 Grad Celsius steigen, hoch genug, um Metalle zu verdampfen. Starke Winde tragen den Eisendampf zur kühleren Nachtseite, wo er zu Eisentröpfchen kondensiert. Theoretische Studien zeigen, wie hier dargestellt, dass ein Planet wie WASP-76b mit einer extrem heißen Tages- und einer kälteren Nachtseite eine gigantische Kondensationsfront in Form einer Wolkenkaskade an seiner abendlichen Randzone, dem Übergang vom Tag zur Nacht, hätte. (Bild: Frederik Peeters (https://frederikpeeters.tumblr.com/)

One Pingback

Leave a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.