Axionen als Retter des Universums?

Das Neutron ist, das sagt schon sein Name, elektrisch neutral. Aber trotzdem enthält es elektrische Ladungen. Es ist nämlich aus einem Up-Quark (Ladung: 2/3 der Elektronenladung e) und zwei Down-Quarks (Ladung: -1/3 e) aufgebaut. In der Summe ergeben 2/3+2*(-1/3) genau 0. Doch das Neutron ist nicht punktförmig. Es besitzt einen Durchmesser von immerhin 1,7 *10-15 Metern, und wenn sich drei Komponenten auf eine gewisse Distanz verteilen müssen, müsste aus der Nähe trotz einer Nullsumme bei der Ladung noch eine gewisse Wirkung zu spüren sein. Aus der Theorie lässt sich denn auch berechnen, dass das Neutron ein elektrisches Dipolmoment von 10-16 e*cm haben müsste.

Tatsächlich jedoch lässt sich überhaupt kein Dipolmoment nachweisen, zumindest muss es kleiner als 10-25 e*cm sein, falls es doch existiert. Das sind neun Größenordnungen, eine riesige Diskrepanz. Eine Lösung dafür würde die Existenz eines bislang noch rein hypothetischen, sehr leichten Teilchens bieten, des Axions. Unmengen dieser winzigen Teilchen, milliardenfach leichter als ein Elektron, würden dann unbemerkt unser Universum durchstreifen. Denn mit normaler Materie wechselwirken Axionen normalerweise nicht.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Zurecht! Genau so beschreiben Physiker doch das Verhalten Dunkler Materie. Gemeinsam mit anderen Teilchen, etwa den WIMPs oder auch den Hexaquarks, könnten Axionen die Dunkle Materie bilden, nach der die Physiker schon lange suchen.

Und das Axion hätte noch eine weitere wichtige Funktion, wie Forscher jetzt in einem Paper zeigen. Es könnte nämlich auch dafür verantwortlich sein, dass in unserem Universum vor allem Materie und nicht Antimaterie vorkommt. Es muss gleich nach dem Urknall ein Ungleichgewicht entstanden sein, sonst hätten sich Materie und Antimaterie gegenseitig komplett annihiliert. An diesem Ungleichgewicht sind womöglich die Axionen schuld, die schon damals in riesiger Zahl existierten.

Ganz konkret könnte ihre Rotation ein wenig normale Materie entstehen lassen haben, ein Prozess, den die Forscher Axiogenesis nennen. Man könnte es damit vergleichen, wie der Wind Wasserwellen produziert, die für sich ganz eigene, energiebehaftete Zustände darstellen. Das dadurch erzeugte Ungleichgewicht hätte der kompletten Vernichtung ein Ende bereitet – und das Axion wäre unser Lebensretter geworden. Ob Axionen überhaupt existieren, ist bisher allerdings nicht nachgewiesen.

Die kinetische Energie des Axions (schwarze Kugel) könnte nach dem Urknall überschüssige normale Materie erzeugt haben (Bild: Harigaya und Co)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.