Enceladus: Der Mond (Einführung)

Dass Enceladus ein faszinierendes Reiseziel sein muss, ist den Astronomen erst relativ spät aufgefallen. Entdeckt wurde er zwar bereits 1789 vom deutsch-britischen Astronomen Wilhelm Herschel, und zwar als sechster Mond seines Planeten Saturn. Und auf den ersten Blick verhält er sich, wie man es von einem Mond seiner Größe erwartet. Erst Fotos der Voyager-Sonden in den 1980er Jahren änderten diese Vorstellung. Voyager 2 lieferte von ihrem Vorbeiflug am 26. August 1982 spektakuläre Aufnahmen der schneebedeckten Oberfläche, der Krater-Netzwerke und tiefer Spalten im Eis. Es zeigte sich zudem, dass Enceladus ungewöhnlich hell leuchtet, weil er 99 Prozent des einfallenden Sonnenlichts reflektiert.

Die Fotos regten die Fantasie der Astronomen gleich in mehrerer Hinsicht an. Zum einen zeigten sie große Ebenen ganz ohne Krater, was darauf schließen lässt, dass diese relativ frisch sind. Es muss also Prozesse im Inneren des Mondes geben, die die Oberfläche erneuern. Die hohe Albedo (Reflektionsfähigkeit), die höchste eines Objekts in unserem Sonnensystem, ist ebenfalls nur dann durch eine Schneebedeckung der Oberfläche erklärbar, wenn diese regelmäßig aufgefrischt wird. Doch woher soll der Schneefall kommen, wenn es keine Atmosphäre gibt? Und dann war da ja auch noch der mysteriöse E-Ring des Saturn, den das Allegheny-Observatorium der Universität Pittsburgh 1966 erstmals fotografiert hat. Spektroskopische Untersuchungen zeigen, dass er vor allem aus kleinen Eiskristallen besteht. Er unterscheidet sich auch sonst deutlich von den anderen Ringen. Enceladus kreist an der Innenkante des E-Rings um Saturn, genau dort, wo der Ring am dichtesten ist, kam also schnell als Schuldiger unter Verdacht.

Am 14. Juli 2005 ertappte ihn die Cassini-Sonde von NASA und ESA auf frischer Tat: Sie fotografierte Wolken von Wasserdampf über der Cassini-Oberfläche, die von relativ warmen Spalten durchzogen war. Zwei Jahre später lieferte sie dann erstmals Fotos der Geysire in der Nähe des Südpols, die Wasser aus dem Inneren des Mondes ins All werfen. Ein Teil davon liefert offenbar frisches Material für den E-Ring, der Rest fällt als Schnee auf den Mond zurück und lässt ihn im weißesten Weiß erstrahlen.

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BrandonQMorris
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  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.