Nemesis, der unbekannte Zwillingsbruder der Sonne

Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren entstand die Sonne innerhalb einer dichten molekularen Wolke. Vermutlich nicht allein – das haben Astronomen schon länger vermutet. Der bislang unbekannte Zwilling hat sogar schon einen Namen bekommen: Nemesis, weil man annahm, dass seine Gravitation dafür verantwortlich gewesen sei, einen Riesen-Meteoriten auf Kollisionskurs zur Erde geschickt und damit die Saurier ausgerottet zu haben.

Gefunden hat man Nemesis allerdings bisher nicht. Das erscheint umso seltsamer, weil sich die Hinweise häufen, dass Sterne generell immer als Doppelsysteme geboren werden. In einem neuen Paper in den Notices of the Royal Astronomic Society begründen das Forscher anhand von Beobachtungen zahlreicher sehr junger Sternsysteme innerhalb der 600 Lichtjahre von der Erde entfernten Perseus-Molekularwolke. Dabei zeigte sich, dass sich die dortige Sternverteilung nur mit einem mathematischen Modell erklären lässt, bei dem Sterne immer paarweise geboren werden.

Die beiden Geschwister befinden sich dabei zunächst in einer relativ großen Entfernung voneinander, die etwa der 500-fachen Entfernung von der Erde zur Sonne entspricht oder dem 17-fachen des Abstands vom äußersten Planeten Neptun zur Sonne. Erst nach ein paar Millionen Jahren entscheidet sich das Schicksal des Systems: Entweder sie rücken näher zusammen – oder sie trennen sich ein für allemal.

Letzteres scheint in unserem Sonnensystem passiert zu sein – so wie in etwa 60 Prozent aller Systeme. Nemesis hat sich irgendwann auf den Weg gemacht und unter die restlichen Sterne des Alls gemischt, sodass wir ihn nicht mehr identifizieren können. Die These der Forscher muss nun allerdings noch an weiteren Molekularwolken getestet werden.

Sehr junges Binärsystem, das sich in einem engen Kern innerhalb der Perseus-Molekularwolke gebildet hat
(Bild: SCUBA-2 survey image von Sarah Sadavoy, CfA)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.