Unser zweiter interstellarer Besucher hat einen Namen: 2I/Borisov

Waren wir zu laut oder wollen sie die Erde noch einmal sehen, so lange es sie noch gibt? Unser Sonnensystem scheint zunehmend Ziel extrasolarer Touristen zu werden. Scherz beiseite: Nach ‘Oumuamua Ende 2017 haben Astronomen gerade das zweite interstellare Objekt fotografiert, das sich auf die Sonne zubewegt.

Die Erstentdeckung des Objekts ereignete sich bereits am 30. August. Der Amateur-Astronom Gennadi Borisow hat in dieser Nacht sein selbstgebautes 0,65-Meter-Teleskop am Himmel über der Krim ein kometenartiges Objekt (zunächst C/2019 Q4 genannt) gefunden, das ein Koma und seit kurzer Zeit auch einen kurzen Schweif besitzt. Eine Woche später hatten Observatorien in aller Welt die Entdeckung bestätigt. Der Komet bewegt sich auf einer Hyperbel-Bahn mit 150.000 km/h und aus einem Winkel von 40 Grad zur Ekliptik auf die Sonne zu. Es ist damit nach ‘Oumuamua (das man inzwischen für einen Asteroiden hält) das zweite interstellare Objekt und der erste interstellare Komet in unserem System.

Dementsprechend hat das Objekt nun auch eine offizielle Bezeichnung erhalten: 2/Borisov. “2I”, weil es das zweite interstellare Objekt ist, und “Borisov” als englische Umschreibung des Nachnamens des Entdeckers. 2I/Borisov wird am 7. Dezember 2019 seinen sonnennächsten Punkt (Perihel) erreichen. Zu diesem Zeitpunkt wird er zwei Astronomische Einheiten von der Sonne und auch von der Erde entfernt sein. Im Dezember und Januar wird der Komet am Südhimmel am hellsten zu beobachten sein. Danach entfernt er sich wieder; wahrscheinlich für immer.

Anders als bei ‘Oumuamua, das erst gefunden wurde, als es schon halb auf dem Rückweg war, werden die Astronomen viel Zeit haben, das fremde Objekt zu analysieren. Seine Größe ist derzeit noch schwer abzuschätzen, weil der Kern in die Koma eingebettet ist; vermutlich ist er einige Kilometer groß. Das 10,4-Meter-Teleskop auf den Kanaren hat bereits ein Spektrum aufgenommen. das dem typischer Kometen ähnelt. Natürlich wundern sich die Astronomen nun: Wenn vorher noch nie interstellare Besucher gefunden wurden, warum hat man dann in kurzer Zeit schon zwei entdeckt? Und unterscheiden sie sich von den Himmelskörpern unseres Sonnensystems?

Foto von 2//Borisov, am 9./10. September aufgenommen vom Gemini Observatory auf dem Mauna Kea in Hawaii. (Bild: Gemini Observatory/NSF/AURA)
Bahn von 2//Borisov (Bild: NASA/JPL-Caltech)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.