Wenn ein Schwarzes Loch einfach zu groß ist

Schwarze Löcher zeichnen sich dadurch aus, dass sie schwer zu sehen sind. Die Astronomen, die danach suchen, haben manchmal Glück, allerdings auf Kosten eines Sterns: Wenn ein hungriges Schwarze Loch einem orbitierenden Stern Material entreißt und dieses schluckt, gibt die entstehende Akkretionsscheibe Strahlung ab, die sich messen lässt. Fast alle bekannten Schwarzen Löcher wurden bisher auf diese Weise entdeckt.

Aber es erscheint logisch, dass das nicht alles sein kann. Schwarze Löcher entstehen, wenn schwere Sterne sterben. Und viele dieser Riesensterne sterben allein, ohne Begleiter, dem an dem das übrig bleibende Schwarze Loch knabbern könnte. Die bekannten Schwarzen Löcher stellen also vermutlich nur eine – womöglich nicht in allen Aspekten realistische – Auswahl dar.

Chinesischen Astronomen ist es nun gelungen, ein Schwarzes Loch so zu finden, wie man auch Planeten entdeckt: über seinen Einfluss auf die Bewegung eines sichtbaren Sterns. Dabei stießen die Forscher auf eine ungebetene Überraschung, die nicht so recht in die Theorien der Sternentstehung passt.

Die Astronomen verfolgten zwei Jahre lang die Bewegungen des 15.000 Lichtjahre von der Erde entfernten blauen Unterriesen LB-1. Der Stern mit etwa acht Sonnenmassen ist mit 35 Millionen Jahren Alter fast noch ein Baby. Bei der Analyse der Daten fanden sie heraus, dass der Stern einen schon ziemlich alten Begleiter haben muss, eun Schwarzes Loch mit einer Masse von etwa 70 Sonnen. Beide Objekte umkreisen ihr gemeinsames Massezentrum einmal alle etwa 79 Tage.

Das Problem hier ist die Masse des Schwarzen Lochs. “Schwarze Löcher dieser Masse sollte es in unserer Galaxis gar nicht geben, wenn die aktuellen Modelle der Sternentwicklung stimmen”, sagt Prof. Liu Jifeng von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. “Wir nehmen ab, dass sehr schwere Sterne mit der für unsere Galaxis typischen chemischen Zusammensetzung einen großen Teil ihrer Masse schon vor ihrem Tod in mächtigen Stellaren Winden abgeben. Deshalb sollten sie kein so schweres Schwarzes Loch hinterlassen. LB-1 ist doppelt so schwer, wie es eigentlich möglich sein sollte. Nun haben die Theoretiker die schöne Aufgabe, seine Entstehung zu erklären.”

In ihrem Artikel äußern die chinesischen Forscher dazu auch schon eine Idee: Vielleicht ist das Schwarze Loch bei LB-1 ja das gemeinsame Überbleibsel zweier Riesensterne. Der immer noch sichtbare blaue Stern könnte in einem ehemaligen Dreifachsystem die am weitesten außen kreisende Komponente gewesen sein. Es wäre auch möglich, dass dort noch immer zwei halb so große Schwarze Löcher umeinander kreisen, die aus der Ferne wie eines wirken.

Akkretionsscheibe eines Schwarzen Lochs (Bild: YU Jingchuan, Beijing Planetarium, 2019, künstlerische Darstellung)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.