Wie es im Inneren von Neptun oder Uranus aussieht

Das Innere von Riesenplaneten zu erforschen, ist keine leichte Aufgabe. Bis auf Weiteres werden wir es nicht schaffen, mit Sonden an Ort und Stelle zu messen, deshalb sind die Forscher auf Modelle angewiesen. Diese Modelle basieren auf dem, was sie über die Stoffe wissen, aus denen Eisriesen wie Neptun und Uranus bestehen.

Dabei sind Irrtümer allerdings nicht ausgeschlossen. Bisher nahm man zum Beispiel an, dass Kohlenstoff unter dem hohen Druck stets die Gestalt von Diamant annimmt. Kohlenstoff und Wasserstoff sind unter den häufigsten Elementen im Universum, und Neptun besteht wie Uranus zu großen Teilen daraus, etwa in Form von Methan. Je tiefer man in den Planeten vordringt, desto extremer werden die Verhältnisse. Zunächst entstehen komplexere Strukturen aus Kohlenstoff und Wasserstoff, und ganz innen trifft man dann auf einen festen Kern.

Aber nicht unbedingt auf Diamanten, wie ein internationales Team um die beiden Forscher Nicholas Hartley und Dominik Kraus vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) in einem Laborexperiment festgestellt hat. Die Forscher verwendeten dazu Polystyrol und Polyethylen, deren Chemie dem Kohlenwasserstoff im Inneren der Planeten ähnelt. Im SLAC National Accelerator Laboratory in den USA setzten die Wissenschaftler die Proben Bedingungen aus, wie sie etwa zehntausend Kilometer unter der Oberfläche von Neptun und Uranus herrschen dürften. Der Druck liegt dort zwei Millionen Mal höher als auf der Erdoberfläche.

Nach bisherigen Annahmen hätten sich sowohl in Polystyrol als auch in Polyethylen alle kristallartigen Strukturen auflösen müssen. Tatsächlich beobachteten die Forscher aber für das Polyethylen selbst bei sehr hohem Druck noch stabile Verbindungen von Kohlenstoff und Wasserstoff. „Dieses Ergebnis hat uns sehr überrascht“, meint Hartley laut der vom HZDR herausgegebenen Pressemitteilung. „Wir haben nicht geglaubt, dass der unterschiedliche Anfangszustand so einen großen Unterschied unter Hochdruck macht. Bis vor kurzem konnten wir diese Materialien nicht untersuchen, weil die Röntgenquellen nicht lichtstark genug waren. Wir waren die ersten, die das überhaupt für möglich gehalten haben – und es war möglich.“

Bereits während der Experimente konnten die Forscher erste Ergebnisse erkennen: „Wir waren sehr aufgeregt, weil sich für Polystyrol wie erhofft diamantartige Strukturen aus Kohlenstoff bildeten. Für Polyethylen aber sahen wir bei den in diesem Experiment erreichten Bedingungen keine Diamanten. Stattdessen war da eine neue Struktur, die wir uns anfangs nicht erklären konnten“, berichtet Hartley.

Interessant an dieser Entdeckung ist, dass Modelle für Uranus und Neptun bisher davon ausgingen, dass die ungewöhnlichen Magnetfelder dieser Planeten durch freien, metallischen Wasserstoff entstehen. Nun scheint es jedoch weniger freien Wasserstoff zu geben als bislang angenommen. Die Magnetfelder müssten also eine andere Quelle haben. Im nächsten Schritt wollen die Forscher Sauerstoff zu der experimentellen Mischung hinzufügen, um die Chemie im Inneren der Planeten noch besser nachzuahmen.

Selbst unter extrem hohem Druck, wie im Inneren von Neptun oder Uranus, gibt es stabile Kristallstrukturen aus Kohlenstoff (orange) und Wasserstoff (grau). Diese Entdeckung der HZDR-Forscher zeigt neue Möglichkeiten auf, wie die innere Struktur der Eisriesen beschaffen sein könnte. Quelle: HZDR / J. Vorberger

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BrandonQMorris
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  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.