Wie schwer ist die Milchstraße?

Wie viel wiegt unsere Heimatgalaxis, die Milchstraße? Es ist nicht einfach, die wahren Dimensionen eines Objekts zu bestimmen, in dem wir uns aufhalten. Oder können Sie vom Küchentisch aus die Größe eines Hauses bestimmen? Hinzu kommt, dass man einen großen Teil der Masse ja nicht einmal sieht, weil er zur Dunklen Materie gehört. So schätzt man zwar etwa 100 bis 300 Milliarden Sterne. Das ergibt eine sichtbare Masse von etwa 900 Milliarden Sonnen bei einem Durchmesser von 170.000 bis 200.000 Lichtjahren. Aber die sichtbare Masse genügt eben nicht, die Rotation der Sterne in unserer Galaxis zu erklären.

Diese Rotation ist es aber auch, die uns letztlich doch eine Abschätzung der Masse erlaubt. Wie schnell sich die Objekte der Milchstraße bewegen, hängt nämlich von der Gravitation ab, die auf sie wirkt – also von der Masse der Milchstraße. Je weiter draußen sich nun ein Objekt bewegt, desto eher spürt es die Anziehung der gesamten Milchstraße.

Astronomen haben sich deshalb Himmelsobjekte ausgesucht, die die Milchstraße mit großem Abstand umkreisen – Kugelsternhaufen. Die Daten von 34 dieser Objekte, die bis zu 65.000 Lichtjahre entfernt waren, lieferte der ESA-Satellit Gaia. zwölf weitere Kugelsternhaufen mit bis zu 130.000 Lichtjahren Entfernung trug das Weltraumteleskop Hubble bei. Das Ergebnis der kombinierten Messungen sind 1,54 Billionen Sonnenmassen, während bisherige Schätzungen zwischen 900 Milliarden und über zwei Billionen Sonnenmassen lagen.

Das Ergebnis ist nicht nur rein statistisch interessant – die Gesamtmasse zu kennen, hilft auch bei der Bestimmung der Verteilung Dunkler Materie und bei der Erforschung der Lebensgeschichte unserer Galaxis. Die Masse der Milchstraße wird nicht zuletzt auch unsere Zukunft bestimmen – etwa wie die Aufnahme der Magellanschen Wolken und später die Verschmelzung mit Andromeda ablaufen werden. Unser derzeit noch 2,5 Milliarden Lichtjahre entfernter Nachbar besteht aus etwa einer Milliarde Sternen, also etwa dreimal so vielen wie die Milchstraße. Womöglich wird man dann gar nicht von einer Vereinigung sprechen können, sondern von einer Übernahme.

Kugelsternhaufen rund um die Milchstraße (künstlerische Darstellung, Bild: ESA/Hubble, NASA, L. Calçada)
Der Kugelsternhaufen NGC 4147 war einer der Sternhaufen, der zur Vermessung der Milchstraße genutzt wurde. Er ist etwa 60.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. (Bild: ESA/Hubble & NASA, T. Sohn et al.)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.