Wo es Felsen in Magmaozeane regnet und Überschallwinde wüten

Nicht alle Gesteinswelten ähneln der Erde oder dem Mars. Wenn ein Gesteinsplanet das Pech hat, zu dicht um seinen Stern zu kreisen, wird er zu einer Extremwelt. So wie der etwa 200 Lichtjahre von der Erde entfernte Planet K2-141b, der für einen Umlauf um seinen Stern K2-141 nur knapp 7 Stunden braucht und von diesem nur etwa 1 Million Kilometer entfernt orbitiert (Erde-Sonne: 150 Millionen Kilometer). Wissenschaftler der McGill University, der York University und des Indian Institute of Science Education haben in einer in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlichten Studie analysiert, wie der Wetterzyklus dieses Planeten aussehen könnte. Verdunstung und Niederschlag von Gestein, Überschallwinde, die mit über 5000 km/h wüten, und ein Magma-Ozean in 100 Kilometern Tiefe gehören zu ihren Schlussfolgerungen.

“Die Studie ist die erste, die Vorhersagen über die Wetterbedingungen auf K2-141b macht, die mit Teleskopen der nächsten Generation wie dem James Webb Space Telescope aus Hunderten von Lichtjahren Entfernung erkannt werden können”, sagt Hauptautor Giang Nguyen, ein Doktorand an der York University. Bei der Analyse des Beleuchtungsmusters des Exoplaneten entdeckte das Team, dass etwa zwei Drittel von K2-141b ständigem Tageslicht ausgesetzt sind – also mehr als die jeweils von Sonne beleuchtete Hemisphäre, wie wir es auf der Erde gewohnt sind.

Auf der (kleineren) Nachtseite herrschen kalte Temperaturen von unter -200 °C. Die Tagesseite des Exoplaneten hingegen ist mit geschätzten 3000 °C heiß genug, um Gestein nicht nur zu schmelzen, sondern auch zu verdampfen, wodurch in einigen Gebieten schließlich eine dünne Atmosphäre entsteht. “Unser Befund bedeutet wahrscheinlich, dass sich die Atmosphäre ein wenig über die Küste des Magma-Ozeans hinaus erstreckt, so dass sie mit Weltraumteleskopen leichter zu erkennen ist”, sagt Nicolas Cowan, Professor am Department of Earth & Planetary Sciences der McGill University.

Bemerkenswert ist dabei, dass die durch die extreme Hitze geschaffene Atmosphäre aus Gesteinsdämpfen auch von Niederschlägen durchzogen wird. So wie der Wasserkreislauf auf der Erde, bei dem Wasser verdampft, in die Atmosphäre aufsteigt, kondensiert und als Regen zurückfällt, trifft das auf K2-141b auf Natrium, Siliziummonoxid und Siliziumdioxid zu. Auf der Erde fließt der Regen zurück in die Ozeane, wo er erneut verdunstet und sich der Wasserkreislauf wiederholt. Auf K2-141b wird der durch verdampftes Gestein gebildete Mineraldampf durch Überschallwinde auf die kalte Nachtseite gefegt, und das Gestein “regnet” zurück in einen Magma-Ozean. Die dadurch entstehenden Strömungen fließen zurück zur heißen Tagesseite des Exoplaneten, wo das Gestein erneut verdampft.

Dennoch ist der Zyklus auf K2-141b nicht so stabil wie der auf der Erde, sagen die Wissenschaftler. Der Rückfluss des Magma-Ozeans zur Tagesseite ist langsam, weshalb sie voraussagen, dass sich die mineralische Zusammensetzung im Laufe der Zeit ändern wird – was schließlich die Oberfläche und Atmosphäre von K2-141b selbst verändern wird. “Alle Gesteinsplaneten, einschließlich der Erde, begannen als geschmolzene Welten, kühlten dann aber schnell ab und verfestigten sich. Die Lavaplaneten geben uns einen seltenen Einblick in dieses Stadium der planetarischen Entwicklung”, sagt Professor Cowan von der Abteilung für Erd- und Planetenwissenschaften.

Künstlerische Darstellung von K2-141b (Bild: Julie Roussy, McGill Graphic Design und Getty Images)

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BrandonQMorris
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  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.