Wo verstecken sich die allerersten Sterne?

Sterne wie die Sonne bestehen weitgehend aus Abfall – übrig gebliebener Materie, die vor vielen Milliarden Jahren beim Tod vorhergehender Stern-Generationen ausgestoßen wurden. Dass das so ist, erkennt man an ihrem Gehalt schwererer Elemente, der Metallizität. Denn als das Universum noch jung war, gab es nur Wasserstoff, Helium und ein bisschen Lithium, sonst nichts. Daraus bildeten sich vor langer, langer Zeit die allerersten Sterne. Man nennt sie “Population III”, obwohl sie die ersten waren, während die aktuelle Generation, zu der auch die Sonne gehört, sich Population I nennt. Population I ist aus der Asche von Population II geboren, so wie Population II aus den Überresten von Population III entstand.

Allerdings sind Sterne der Population III schwer zu finden. Das scheint auf den ersten Blick logisch: Sie waren riesig und hatten nur ein kurzes Leben. Aber mit Hilfe von Teleskopen wie Hubble können Astronomen weit in die Vergangenheit blicken, dank der begrenzten Lichtgeschwindigkeit. Objekte, die mhehr als zehn Milliarden Lichtjahre entfernt sind, sehen wir in der Blüte ihrer Jugend, obwohl sie in der Jetzt-Zeit vermutlich längst nicht mehr existieren. Beim Blick in die Vergangenheit hilft insbesondere der Gravitationslinsen-Effekt. Galaxien im Vordergrund beugen das Licht von dahinter befindlichen Objekten derart, dass sie wie eine vergrößernde Linse funktionieren.

Auf der Suche nach den allerersten Sternen nutzte jetzt ein Forscherteam um Rachana Bhatawdekar (ESA) diese Methode, um damit speziell das frühe Universum zu durchkämmen, wie es 500 bis 1000 Millionen Jahre nach dem Urknall aussah. Die Astronomen studierten u.a. den Galaxienhaufen MACSJ0416. Ihr Ergebnis: “Wir fanden keine Anzeichen von Population-III-Sternen in dieser kosmischen Periode”, so Bhatawdekar. Was die Forscher allerdings fanden, waren eine ganze Anzahl von Galaxien mit vergleichsweise niedriger Gesamtmasse. Sie vermuten deshalb nun, dass Population-III-Sterne nicht primär für die damals ablaufende Reionisation des Universums verantwortlich waren – sondern die massearmen Galaxien. Gleichzeitig bedeutet das, dass die allerersten Sterne sich noch deutlich früher als gedacht gebildet haben müssen – 500 Millionen Jahre nach dem Urknall scheinen sie ja schon wieder verschwunden zu sein.

Künstlerische Darstellung des frühen Universums (Bild: ESA/Hubble, M. Kornmesser)
Der Galaxienhaufen MACS J0416 (Bild: NASA, ESA, and M. Montes (University of New South Wales, Sydney, Australia))

 

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.