Warum wir in einem dreidimensionalen Universum leben

Wenn wir über den Urknall als den Anbeginn der Welt sprechen, werden manche Eigenschaften unseres Universums als gegeben angenommen, die eigentlich ziemlich verwunderlich sind. Warum etwa hat der Kosmos genau drei sichtbare Raumdimensionen und nicht sieben, elf oder 21, wie es manche Stringtheorien zur kompletten mathematischen Beschreibung der Realität voraussetzen?

Dazu haben fünf Physiker eine Idee, die sie in einem Paper zusammengefasst haben. Dazu betrachteten sie die Grundlagen des Standardmodells, das die Entstehung des Universums erklärt, mit den mathematischen Werkzeugen der Knotentheorie. Kurz nach dem Urknall muss das Universum, so viel weiß man, von einem überaus dichten Quark-Gluonen-Plasma erfüllt gewesen sein. Einzelne Quarks (die Grundbausteinen der Elementarteilchen) wurden von den Gluonen (die die Kräfte zwischen ihnen vermitteln) mit passenden Gegenstücken verbunden, und zwar über flexible Energiestränge, die flux tubes. Wenn zwei so verbundene Teilchen sich voneinander entfernen, dehnt sich die Röhre, bis sie reißt. Dabei wird so viel Energie frei, dass ein zweites Quark-Antiquark-Paar entsteht, welches sich mit den Original-Teilchen verbindet.

So weit, so normal. Kurz nach dem Urknall müssen Myriaden flux tubes entstanden sein. Falls sich Teilchen und Antiteilchen dann wieder begegneten und gegenseitig auslöschten, verschwanden damit auch die verbindenden flux tubes. Es sei denn, die sie verbindende Röhre hatte inzwischen die Form eines Knotens angenommen, weil sich zum Beispiel zwei flux tubes gekreuzt hatten. Dadurch konnte sie ihre Ursprungsteilchen überleben. Stabile flux tubes können sich auch auf weiteren Wegen herausbilden. Auf diese Weise könnte sich das früge Universum demnacg sehr schnell mit zahlreichen energiehaltigen Knoten gefüllt haben.

Doch wieviel Energie hat tatsächlich darin gesteckt? Die Forscher waren selbst überrascht, als sie nachrechneten und feststellten, dass die Energie zum Auslösen einer kosmischen Inflationsphase gereicht haben muss. Dass unser All eine solche Phase durchmachte, nimmt man schon länger an. Das Konzept der flux tubes erklärt nun nicht nur, wie sie begann, sondern auch, warum sie plötzlich wieder zu Ende war (ein Glück für uns!): Weil sich das All ausdehnte, brach das Knotennetz der flux tubes einfach auseinander. Danach füllte sich das All mit Teilchen und Strahlung, und die bekannte Evolution des Kosmos lief ab. Ganz nebenbei erklärt die Theorie auch, warum unser Universum dreidimensional ist – die flux tubes existieren in drei Dimensionen. Und andere Phänomene, die auf “versteckten” Dimensionen beruhen, benötigt man nun zur Erklärung der Inflationsphase nicht mehr.

Simulation eines Knotennetzes aus flux tubes (Bild: Thomas Kephart, Vanderbilt University)

 

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.