Bakterien überleben ein Jahr an der Außenhülle der ISS

Bakterien der Gattung Deinococcus sind für ihre Überlebenskünste unter widrigsten Bedingungen bekannt. Deinococcus radiodurans etwa macht Strahlung nichts aus. Erhält ein Mensch eine Dosis von 10 Gy, stirbt er innerhalb von ein bis zwei Wochen (so geschah es den Opfern der Atombombenabwürfe). Deinococcus radiodurans hingegen beginnt erst bei 10.000 Gy, sich allmählich unwohl zu fühlen, überlebt aber. Bei 17.500 Gray überlebt noch ein Drittel der Population, Dosen von 30.000 Gray überleben einzelne Exemplare.

Die wegen eines rötlichen Pigments meist rötlichen, runden Zellen der Gattung wurden bereits an den unmöglichsten Orten gefunden: in geothermalen Quellen, auf verrottendem Fleisch, in Lama-Kacke oder in antarktischem Granit. Deinococcus aetherius hat man aus der Stratosphäre isoliert, einer Schicht der Erdatmosphäre in 15 bis 50 Kilometern Höhe. Dort ist es zwischen 0 und -60 Grad Celsius kalt, und die Luft ist trocken und sehr dünn.

Ein Jahr lang durfte Deinococcus aetherius nun auch an Bord der Internationalen Raumstation ISS mitreisen, und zwar nicht als blinder Passagier, sondern im Rahmen eines japanischen Experiments namens Tanpopo (“Löwenzahn”). Ziel war es u.a., die Panspermie-These zu untersuchen: Die Idee, dass primitive, aber ausdauernde Organismen vielleicht aus dem All auf die Erde gekommen sind. Die erste dabei zu beantwortende Frage ist: Gibt es solche Organismen überhaupt?

Dazu brachten die Forscher an der Außenwand des japanischen Kino-Moduls Proben von Deinococcus aetherius an. Die Proben wurden vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt, sodass sie sich nicht über 80 Grad erhitzten. Messungen zeigten, dass sie keine Temperaturen und -21 Grad und über 24 Grad ertragen mussten. Vor der kosmischen Strahlund und dem Vakuum wurden die Bakterien nicht geschützt.

Allerdings zeigte sich bei der Auswertung, dass die Bakterien sich selbst schützten. Je mehr Schichten sich übereinander befanden, desto größer war der Anteil der Überlebenden. In einer Zellschicht mit 100 Mikrometern Dicke überlebte niemand, bei 500 und 1000 Mikrometern überstanden etwa sechs bis sieben von 10.000 Bakterien die Prozedur. Die Forscher interpretieren ihr Ergebnis so, dass Panspermie demnach funktionieren könnte.

Deinococcus radiodurans, ein weiteres Familienmitglied (hier gerade bei der Teilung und in Falschfarben), kann auch härteste Strahlung verkraften

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.