Ein maximaler Flauschplanet

Es geschieht nicht oft, dass in einer Pressemitteilung über eine neue astronomische Entdeckung das Wort “flauschig” (“fluffy” im Original) auftaucht. Es bezieht sich auf den Exoplaneten WASP-127b, der gut 500 Lichtjahre von der Erde entfernt einen Stern umkreist, der etwas größer als die Sonne ist. Ein internationales Team von Astronomen hat dort nun nicht nur Wolken entdeckt, sondern auch deren Höhe mit bisher unerreichter Präzision gemessen.

WASP-127b ist ein sogenannter “heißer Saturn” – ein Riesenplanet mit ähnlicher Masse wie der Saturn, der allerdings anders als unser (kalter) Saturn sehr nahe um seine Sonne kreist. Bei einem Umlauf um seinen Stern erhält WASP-127b deshalb in etwa vier Tagen 600 Mal mehr Strahlung als die Erde in einem Jahr und heizt sich dabei auf bis zu 1100 Grad Celsius auf. Dadurch bläht sich der Planet zu einem Radius auf, der 1,3-mal größer ist als der des Jupiters, bei nur einem Fünftel der Masse, was ihn zu einem der am wenigsten dichten oder “flauschigsten” Exoplaneten macht, die jemals entdeckt wurden.

Die ausgedehnte Natur von flauschigen Exoplaneten macht sie leichter beobachtbar, und so ist WASP-127b ein idealer Kandidat für Forscher, die an der Charakterisierung der Atmosphäre arbeiten. Das Team beobachtete den Planeten beim Vorbeiziehen an seinem Wirtsstern, um in seinem Spektrogramm Muster zu erkennen, die sich in das Sternenlicht einbetten, wenn es durch die Atmosphäre des Planeten gefiltert und durch die chemischen Bestandteile verändert wird. Durch die Kombination von Infrarotbeobachtungen des Hubble-Weltraumteleskops (HST) der ESA/NASA und Messungen des sichtbaren Lichts mit dem ESPRESSO-Spektrographen am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile konnten die Forscher verschiedene Bereiche der Atmosphäre untersuchen. Die Ergebnisse brachten einige Überraschungen.

Erstens entdeckten die Forscher, wie bei dieser Art von Planeten üblich, Natrium, allerdings in einer viel geringeren Höhe als erwartet. Zweitens gab es starke Wasserdampfsignale im Infraroten, aber überhaupt keine bei sichtbaren Wellenlängen. “Dies deutet darauf hin, dass der Wasserdampf in niedrigeren Höhen von Wolken abgeschirmt wird, die bei sichtbaren Wellenlängen undurchsichtig, im Infraroten aber transparent sind”, so Allart vom iREx/Université de Montréal und der Université de Genève, der die Studie leitete. Die kombinierten Daten der beiden Instrumente ermöglichten es den Forschern, die Höhe der Wolken auf eine atmosphärische Schicht mit einem Druck zwischen 0,3 und 0,5 Millibar einzugrenzen.

“Wir kennen die Zusammensetzung der Wolken noch nicht, wissen aber, dass sie nicht aus Wassertröpfchen bestehen wie auf der Erde”, sagt Allart. Rätselhaft bleibt auch, warum das Natrium auf diesem Planeten an einem so unerwarteten Ort zu finden ist. Die Beobachtungen des Teams mit dem ESPRESSO-Instrument deuten zudem darauf hin, dass WASP-127b im Gegensatz zu Planeten in unserem Sonnensystem nicht nur falsch herum um seinen Stern kreist, sondern auch in einer anderen Ebene als der Äquatorebene, der Ekliptik. “Eine solche Ausrichtung ist für einen heißen Saturn in einem relativ alten Sternsystem unerwartet und könnte durch einen unbekannten Begleiter verursacht werden”, so Allart.

Einige der Eigenschaften, die WASP-127b im Vergleich zu den Planeten unseres Sonnensystems einzigartig machen. (Bild: David Ehrenreich / Université de Genève, Romain Allart / Université de Montréal)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.