Kam das Leben aus dem All?

Wie entstanden die Bausteine des Lebens auf der Erde? Ganz genau weiß das die Wissenschaft bis heute nicht. Das wichtigste Experiment dazu führten 1952 Stanley Miller und Harold Urey an der Universität Chicago aus. Sie mischten einfache chemische Substanzen einer hypothetischen frühen Erdatmosphäre – Wasser, Methan, Ammoniak, Wasserstoff und Kohlenmonoxid, jedoch keinen Sauerstoff – und setzten diese Mischung elektrischen Entladungen aus, die die Energiezufuhr durch Gewitterblitze nachbilden sollten. Das Ergebnis: Im Versuch entstehen nach einer gewissen Zeit organische Moleküle.

Das Miller-Urey-Experiment sorgte damals für großes Aufsehen, zeigte es doch, dass sich die für die Entstehung des Lebens nötigen Bausteine unter den richtigen Bedingungen spontan bilden können. Allerdings zeigten Geologen später, dass die Erde in der Frühzeit doch etwas andere Bedingungen aufwies. Zudem fanden sich im Ergebnis zwar Aminosäuren, jedoch keine Kohlenhydrate oder Lipide (Fette), weitere wichtige Bausteine des Lebens. Für all diese Komponenten haben Chemiker inzwischen Wege gefunden, wie sie aus den ursprünglich vorhandenen Chemikalien gebildet worden sein könnten, jedoch fehlt der Ort, der das alles vereint.

Kommt dafür das Weltall in Frage? Manche Forscher halten das für möglich. Tatsächlich hat man einfache Grundbausteine bereits im All entdeckt. In einem wissenschaftlichen Beitrag zeigt nun ein kanadisches Forscherteam, dass sogar eine (einfache) Aminosäure, Glycin, im Kosmos produziert werden könnte. Die Wissenschaftler setzten die Rohstoffe dafür im Labor einem Beschuss mit niedrigenergetischen Elektronen aus, die bei der Ionisierung von Materie durch Strahlung freigesetzt werden. Die Reaktionsrate ist dabei so hoch, dass realistische Mengen an Glycin entstehen, die schließlich irgendwann auf einem Planeten deponiert werden könnten.

“Man muss berücksichtigen, dass im Weltall genügend Zeit vorhanden ist”, erklärt Michael Huels, einer der Forscher. “Wir wollten ein Gefühl für die Wahrscheinlichkeit bekommen: Ist das eine realistische Ausbeute, oder ist die Quantität völlig abwegig, sodass unsere Idee keinen Sinn ergibt? Unser Ergebnis ist in Sachen Reaktionsrate jedoch für die Bildung von Glycin und anderen Biomolekülen ziemlich realistisch.”

Wie im Weltall aus anorganischen Stoffen die Aminosäure Glycin entstehen kann (Bild: NASA, Hubble, STScI.)

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BrandonQMorris
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  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.