Kosmische Strings und unsere Existenz im Universum
Der Urknall ist der Anfang dieses, unseres Universums, da sind sich die Astrophysiker einig. Ob es das einzige Ereignis dieser Art war oder sein wird, darüber kann man trefflich philosophieren. Aber es gibt auch beim Urknall selbst noch ein paar ungelöste Fragen. Die wohl wichtigste davon dürfte sein: Warum gibt es uns überhaupt? Denn eigentlich müssten beim Urknall, nachdem sich alle vier Grundkräfte endlich gezeigt hatten, Materie und Antimaterie in genau gleicher Menge entstanden sein. Der weitere Ablauf wäre dann langweilig gewesen: Materie und Antimaterie zerstören sich gegenseitig, und das Universum ist wieder so leer, wie es vorher nicht vorhanden war. Menschen? Fehlanzeige.
Nun existieren wir ja ganz objektiv (wenn man nicht der Vorstellung anhängt, dass unsere Welt nur eine Simulation ist). Also muss es während des Urknalls zu einer leichten Abweichung vom zu erwartenden Ablauf gekommen sein. Es entstand etwas mehr Materie als Antimaterie, und übrig blieben wir. Doch warum sollte das Universum eine Seite bevorzugen? Dafür hat man bisher keinen Grund gefunden, der wirklich alle Forscher überzeugt.
Einen neuen Ansatz dazu hat jetzt ein internationales Forscherteam vorgestellt. Ihr Modell beruht auf der allgemein akzeptierten Ansicht, dass vor allem Neutrinos, superleichte, elektrisch neutrale Teilchen dafür in Frage kamen, diese Asymmetrie herzustellen. Als das Universum noch Trilliarden mal heißer und weitaus kleiner war als heute, bildeten sich diese Neutrinos in Prozessen, bei denen mehr von einer Art als von der anderen entstanden. Später entstand dann aus der einen Sorte die Materie, aus der anderen die Antimaterie. Wie konnte es zu der Bevorzugung kommen? Das Universum muss einen Phasenübergang durchgemacht haben. Phasenübergänge sind häufige Phänomene in der Natur, etwa beim Gefrieren von Wasser. Sie erfolgen relativ plötzlich. Zur damaligen Zeit könnte es bei einem derartigen Phasenübergang zur Bildung so genannter kosmischer Strings gekommen sein, winziger Schnüre von der Dicke von Elementarteilchen, die das ganze Universum durchzogen.
Das klingt wie von einem Science-Fiction-Autor erfunden. Aber die Idee hat einen Vorteil, der sie zu einer seriösen Theorie macht. Die Strings müssen irgendwann zerfallen sein. Und dabei müssen Gravitationswellen entstanden sein, die durch ihre speziellen Eigenschaften von den etwa bei einer Verschmelzung Schwarzer Löcher entstehenden Gravitationswellen zu unterscheiden sind. Könnten wir diese Wellen messen, hätte die Wissenscahaft einen Beweis für die Existenz der kosmischen Strings, denn Gravitationswellen konnten bereits das frühe Universum durchdringen. Aktuelle, erd-basierte Gravitationswellen-Detektoren können diese Unterscheidung noch nicht treffen, aber künftige weltraumbasierte Missionen wie LISA (ESA) oder DECIGO (JAXA) könnten die nötigen Daten liefern, meinen die Forscher.