Schwarze Löcher bestimmen die Evolution des Universums

Sie sind prinzipiell nur daran zu erkennen, was man nicht sieht – und trotzdem wirken Schwarze Löcher entscheidend auf die Evolution des Universums ein. Das sagt eine neue Studie eines internationales Forscherteams u.a. von der Universität Bologna. Die in Nature Astronomy veröffentlichte Arbeit konzentriert sich auf das System Nest200047 – eine Gruppe von etwa 20 Galaxien in rund 200 Millionen Lichtjahren Entfernung von der Erde. Die zentrale Galaxie dieses Systems beherbergt ein aktives Schwarzes Loch, um das die Forscher viele Paare von Gasblasen unterschiedlichen Alters, einige unbekannte Filamente von Magnetfeldern und relativistische Teilchen in einer Ausdehnung von Hunderttausenden von Lichtjahren beobachteten.

“Unsere Untersuchung zeigt, wie sich die durch das Schwarze Loch beschleunigten Gasblasen ausdehnen und im Laufe der Zeit verändern. Dabei entstehen pilzförmige Strukturen, Ringe und Filamente, die denen eines gewaltigen Vulkanausbruchs auf der Erde ähneln”, erklärt Marisa Brienza, Erstautorin dieser Studie. Bekannt ist, dass sich im Kern jeder Galaxie ein supermassives Schwarzes Loch befindet. Seine Aktivität beeinflusst die Entwicklung der Galaxie und ihrer Umgebung. Wenn Schwarze Löcher aktiv sind, verzehren sie alles, was sie umgibt, und setzen dabei enorme Mengen an Energie frei, etwa in Form von Teilchenströmen, die wiederum Blasen aus Teilchen und Magnetfeldern erzeugen und indirekt das intergalaktische Medium aufheizen und bewegen.

Die Studie geht nun davon aus, dass aktive Schwarze Löcher Auswirkungen haben, die bis zu 100-mal größer sind als die gastgebende Galaxie, und dass diese Auswirkungen Hunderte von Millionen Jahren andauern.

“Unsere Beobachtungen von Nest200047 zeigen, wie Magnetfelder und sehr alte Teilchen, die von Schwarzen Löchern beschleunigt werden und folglich gealtert sind, eine zentrale Rolle bei der Übertragung von Energie in die äußeren Regionen von Galaxiengruppen spielen”, erklärt Annalisa Bonafede, eine der Autorinnen der Studie. Für die Studie nutzten die Forscher auch Beobachtungen im Röntgenbereich, die mit dem eROSITA-Teleskop an Bord des SRG-Weltraumobservatoriums gemacht wurden. Anhand der Röntgendaten konnten die Forscher die Eigenschaften des intergalaktischen Mediums, das die radiostrahlenden Gasblasen umgibt, besser untersuchen. Dabei fanden sie weitere Überraschungen: dünne Gasfilamente, die bis zu eine Million Lichtjahre lang sind und aus Teilchen bestehen, die sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit bewegen, sowie begleitende Magnetfelder. Den Forschern zufolge handelt es sich bei diesen Filamenten um die Überreste der Blasen, die das Schwarze Loch Nest200047 vor Hunderten von Millionen von Jahren erzeugt hat und die nun zerplatzen und sich mit dem intergalaktischen Medium vermischen – weit entfernt von dem Schwarzen Loch, das sie ursprünglich produziert hat und das damit seine Umgebung in enormem Umkreis umgestaltet.

Warmes Gas aus dem aktiven supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum des Nest200047-Systems (Bild: Universität Bologna)
Die Forscher beobachteten zum ersten Mal die Entwicklung von warmem Gas, das aus einem aktiven Schwarzen Loch kommt: Sie konnten diese Strukturen, die stark an die Rauchströme von Vulkanausbrüchen erinnern, in einem noch nie dagewesenen Detail und auf einer Zeitskala von hundert Millionen Jahren betrachten. (Bild: Universität Bologna)

Leave a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.