Strukturen im kosmischen Nebel

Die Milchstraße existiert seit mindestens 13 Milliarden Jahren. Seitdem bildet sie immer wieder neue Sterne; eine Generation löst die nächste ab. Dazu braucht sie Gas – und zwar mehr, als sie selbst enthält. Das gilt auch für alle anderen Galaxien. Aber wo bedienen sich Milchstraße, Andromeda und Co.? Im intergalaktischen Medium, dem auf den ersten Blick leeren Raum zwischen den Galaxien.

Denn diese riesigen Bereiche sind nicht leer. Sie enthalten das intergalaktische Medium, Baryonen zumeist (zu 80-90 Prozent, wenn das Urknall-Modell hält). Es handelt sich um Materie, die von keinem System durch Gravitation beeinflusst wird. Aber trotzdem, das zeigt eine neue Studie eines internationalen Forscherteams, bilden sich darin Strukturen aus. Normalerweise lässt sich das intergalaktische Medium (IGM) nur indirekt beobachten – durch die abschirmende Wirkung, die es auf Strahlung dahinter befindlicher Sterne hat. Die Forscher wählten deshalb das Medium der Simulation. Sie ließen im Computer zwei Materie-Halos (die jeweils eine Galaxie umgeben) über ein Megaparsec-langes kosmisches Filament interagieren und beobachteten die dabei entstehenden Strukturen.

Das Ergebnis überraschte die Astronomen. Im IGM bilden sich zunächst flache, Pfannkuchen-artige Strukturen heraus, die sich über viele Millionen Lichtjahre erstrecken. Aber auch in diesen Pfannkuchen ist das Gas nicht gleichmäßig organisiert. Es bilden sich – wie Kondenskeime im Nebel – kleine, diskrete Blasen aus relativ dichtem und kaltem (also nicht ionisiertem) Gas. Bisher hatte man angenommen, dass solche Strukturen unter dem Einfluss von Galaxien in deren Nähe entstehen könnten, aber das kann wohl auch weitab entfernt in der kosmischen Provinz geschehen, und zwar als Ergebnis einer sehr effizienten Abkühlung des Gases. Die Forscher vergleichen den Prozess deshalb mit der Nebelbildung bei feuchter Luft. Die Entdeckung könnte erklären, warum Astronomen in letzter Zeit mehrere dichte, metallfreie Materiewolken inmitten des IGM entdeckt haben.

Das Bild zeigt die Gastemperatur im IGM. Rot ist warmes Gas, blau ist kaltes Gas. Wir befinden uns am Anfang der Simulation. (Bild:
Yale University)
Das Bild zeigt die Gastemperatur im IGM. Rot ist warmes Gas, blau ist kaltes Gas. Wir befinden uns in der Mitte der Simulation, die Zahl der Blasen ist gestiegen. (Bild:
Yale University)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.