Warum verhält sich Dunkle Materie in kleinen Galaxien anders als in großen?

Das wichtigste Kennzeichen Dunkler Materie besteht darin, dass sie nur über die Gravitation wechselwirkt. Und Gravitation ist als einzige der vier Grundkräfte immer anziehend. Dunkle Materie müsste sich deshalb eigentlich, egal wo man sie trifft, immer im Massenzentrum der jeweiligen Struktur ballen, ob es sich nun um eine kleine Galaxie oder einen riesigen Galaxienhaufen handelt.

Aber in der Realität sieht es anders aus: In Galaxienhaufen zeigt Dunkle Materie das erwartete Verhalten, in kleineren Galaxien jedoch verteilt sie sich deutlich stärker, als es der Fall sein dürfte. Das ließe sich damit erklären, dass die Dunkle-Materie-Teilchen wie Billard-Kugeln voneinander abprallen, also gestreut werden. Die Folge des Streuprozesses ist eine weitläufigere Verteilung.

Aber warum passiert das nur in Zwerggalaxien? Das glauben Forscher des Kavli Institute for the Physics and Mathematics of the Universe herausgefunden zu haben. Ihre Idee: in einer Zwerggalaxie bewegt sich die Dunkle Materie langsamer, sie hat weniger Energie. In einem Galaxienhaufen hingegen ist sie schneller und hat mehr Energie. Anscheinend müssen die Teilchen mit einer ganz bestimmten Energie aufeinander treffen, damit die Streuung eintritt, und diese Resonanzbedingungen sind nur in kleinen Galaxien gegeben. Anderswo ist due Dunkle Materie dafür zu schnell (oder zu langsam).

Solche Resonanzen sind im Universum nichts ungewöhnliches. Sie verraten allerdings etwas über die Dunkle Materie selbst, von der wir bisher noch zu wenig wissen. “Sie könnten auch ein Zeichen dafür sein, dass unsere Welt mehr Dimensionen besitzt, als wir beobachten können”, sagt der chinesische Physiker Xiaoyong Chu. “Wenn sich ein Teilchen in Extra-Dimensionen bewegt, hat es dadurch zusätzliche Energie. Für uns, die wir die Extra-Dimensionen nicht sehen, erscheint diese zusätzliche Energie als Masse, nach Einsteins E=mc2. Vielleicht bewegen sich manche Teilchen in der Extra-Dimension doppelt so schnell, sodass ihre Masse exakt der doppelten Masse der Dunklen Materie entspricht.”

 

Normalerweise beeinflussen sich die Teilchen Dunkler Materie nur über ihre Masse (Bild: Kavli IPMU)
Unter bestimmten Bedingungen treten sie miteinander in Resonanz und werden dann gestreut (Bild: Kavli IPMU)
Warum klumpt Dunkle Materie in großen Galaxienhaufen zusammen, verteilt sich aber in kleineren Galaxien? (Bild: Kavli IPMU – Kavli IPMU / NASA, STScI)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.