2019 LD2: der widerspenstige Komet

Asteroiden und Kometen gelten gemeinhin als unterschiedliche Kategorien von Himmelsobjekten. Aber ist die strikte Trennung wirklich gerechtfertigt? Der interstellare Besucher ʻOumuamua etwa wurde zunächst für einen Kometen gehalten, schien aber weder Koma noch Schweif zu entwickeln und wurde dann als Asteroid klassifiziert. Inzwischen kennt man seine Flugbahn so genau, dass man einen Masseverlust annehmen muss – also handelt es sich wohl doch um einen Kometen.

Das vom Asteroid Terrestrial-impact Last Alert System (ATLAS) der Universität Hawaii entdeckte Objejt 2019 LD2 scheint auch so ein Zwitter zu sein. Im Juni 2019 entdeckt, hielt man ihn erst für einen Asteroiden, fand dann aber schnell Hinweise auf Kometen-Eigenschaften. Im Juli 2019 entwickelte er denn auch einen kleinen Schweif, der sich bis heute gehalten hat. 2019 LD2 muss also ein aktives Objekt sein – ein Komet.

Allerdings gibt es da ein kleines Problem: 2019 LD2 gehört womöglich – das vermuteten die Astronomen der Universität Hawaii – zu einer Gruppe von Asteroiden, die dem Riesenplaneten Jupiter auf seiner Bahn vorauseilen, den sogenannten Trojanern. Es gibt einige Tausend davon, aber kein anderes Objekt dieser Art ist ein Komet. Und das hat auch seine Gründe: Jupiter hat seine Trojaner schon vor Milliarden Jahren eingefangen. Sie haben seitdem so oft die Sonne umkreist, dass sie jegliches flüchtiges Material längst verloren haben müssten. Wie kann 2019 LD2 dann einen Schweif ausbilden? Nun, Astronomen vermuteten schon lange, dass sich im Inneren all dieser Asteroiden durchaus noch Eismassen verbergen. Nur sind diese durch eine dichte Gesteinshülle so geschützt, dass nichts mehr herausdringt. Die Hülle von 2019 LD2 könnte bei einer Kollision oder einem Erdrutsch so beschädigt worden sein, dass Eis freigelegt wurde und nun zu einem Schweif verdampft.

Aber wahrscheinlich ist ja doch alles anders. 2019 LD2 ist wohl nur zufällig in der Nähe der Jupiter-Trojaner gefunden worden. Tatsächlich gehört er zur Jupiter-Kometen-Familie wie auch 67P/Tschurjumow-Gerassimenko. Davon geht jedenfalls das Minor Planet Center aus, das ihm denn auch den kompletten Namen P/2019 LD2 (ATLAS) zugeordnet hat.

Das Atlas-Foto von 2019 LD2. Rechts ohne den Sternenhintergrund, damit er besser sichtbar ist (Bild: ATLAS/Ari Heinze/IfA)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.