Milchstraße vs. Andromeda: Die Kollision hat schon begonnen

Dass Milchstraße und Andromeda-Galaxie dereinst kollidieren und verschmelzen werden, ist unvermeidbar, obwohl heute noch 2,5 Millionen Lichtjahre zwischen ihnen liegen. Das Licht, das wir heute von Andromeda sehen, ist also vor 2,5 Millionen Jahren von dort ausgestrahlt worden. Die beiden mit Abstand schwersten Mitglieder der Lokalen Gruppe bewegen sich allerdings mit 120 Kilometern pro Sekunde aufeinander zu. In drei bis vier Milliarden Jahren (also noch zu Lebzeiten unserer Sonne) werden sich ihre bis zu 1,3 Billionen Sterne deshalb treffen. Nach weiteren etwa drei Milliarden Jahren wird sich daraus eine gigantische Elliptische Galaxie entwickelt haben, die “Milkomeda” heißen könnte.

Doch der Zusammenstoß hat längst begonnen, wie Forscher mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops herausgefunden haben. In einer im Astrophysical Journal veröffentlichten Studie beschreiben sie, wie sie im Rahmen eines Programms namens AMIGA (Absorption Map of Ionized Gas in Andromeda) den Bereich rund um die eigentliche Galaxie untersuchten, das sogenannte Halo. Dazu betrachteten sie das Licht von 43 Quasaren – den sehr weit entfernten, hellen Kernen aktiver Galaxien, die von Schwarzen Löchern angetrieben werden und sich weit hinter Andromeda befinden. Die Quasare sind hinter dem Halo verstreut, so dass die Wissenschaftler mehrere Regionen untersuchen konnten. Beim Blick durch das Halo auf das Licht der Quasare beobachtete das Team, wie dieses Licht durch das Andromeda-Halo absorbiert wird und wie sich diese Absorption in verschiedenen Regionen verändert. Das immense Andromeda-Halo besteht offenbar aus dünnem, ionisiertem Gas, das keine leicht nachweisbare Strahlung abgibt. Daher ist die Verfolgung der Absorption von Licht, das von einer Hintergrundquelle kommt, ein besserer Weg, um diese Region zu untersuchen.

Die Wissenschaftler waren überrascht, als sie feststellten, dass sich dieses fast unsichtbare Halo aus diffusem Plasma 1,3 Millionen Lichtjahre von der Andromeda-Galaxie – etwa auf halber Strecke bis zu unserer Milchstraße – und in manchen Richtungen bis zu 2 Millionen Lichtjahre weit erstreckt. Das bedeutet, dass das Halo von Andromeda bereits mit dem Halo unserer eigenen Galaxis zusammenstößt.

Die Forscher fanden zudem heraus, dass das Halo eine geschichtete Struktur mit zwei ineinander verschachtelten Gasschalen aufweist. “Wir stellen fest, dass die innere Schale, die sich über etwa eine halbe Million Lichtjahre erstreckt, weitaus komplexer und dynamischer ist”, erklärte Studienleiter Nicolas Lehner von der Notre Dame University in Indiana. “Die äußere Schale ist glatter und heißer. Dieser Unterschied ist wahrscheinlich auf den Einfluss von Supernova-Aktivität in der Scheibe der Galaxie zurückzuführen, die sich direkt auf das innere Halo auswirkt”. Ein Hinweis auf diese Aktivität ist die Entdeckung einer großen Menge schwerer Elemente im gasförmigen Halo. Sie werden im Inneren von Sternen geboren und dann in den Raum ausgestoßen – manchmal gewaltsam, wenn ein Stern stirbt. Das Halo wird dann durch Sternexplosionen mit diesem Material kontaminiert.

“Es ist immens wichtig, die riesigen Gashalos, die Galaxien umgeben, zu verstehen”, erklärt Co-Forscherin Samantha Berek von der Yale University in New Haven, Connecticut. “Dieses Gasreservoir enthält Brennstoff für die zukünftige Sternentstehung innerhalb der Galaxie sowie Ausflüsse von Ereignissen wie Supernovae. Es ist voller Hinweise auf die vergangene und zukünftige Entwicklung der Galaxie, und wir sind endlich in der Lage, es in unserem nächsten galaktischen Nachbarn eingehend zu untersuchen.”

Die 43 Quasare, die Hubble dazu benutzt hat, das Halo von Andromeda zu vermessen (Bild: NASA, ESA, and E. Wheatley (STScI))
Andromeda am Nachthimmel – das Halo ist hier eingezeichnet, um seine Dimensionen zu verdeutlichen. Es wäre dreimal so groß wie der Große Wagen. (Bild: Credits: NASA, ESA, J. DePasquale and E. Wheatley (STScI) und Z. Levay (background image))

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.