Superflares sind vielleicht gar nicht so gefährlich für Planeten

In “Proxima Rising” werden der Planet Proxima b und seine Bewohner Opfer eines Ausbruchs des zentralen Roten Zwergs, eines Superflares. Astronomen vermuten schon lange, dass solche Strahlungsausbrüche die Atmosphären – und damit die Bewohnbarkeit – von Exoplaneten nachhaltig schädigen können. Eine neue Studie, die am 5. August in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht wurde, könnte nun Entwarnung bringen.

Anhand von optischen Beobachtungen des Transiting Exoplanet Survey Satellite – kurz TESS – untersuchte das Team unter der Leitung von Astronomen des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam große Superflares auf Roten Zwergen, einer Klasse junger, kleiner Sterne, die eine niedrigere Temperatur und Masse als unsere eigene Sonne haben. Um diese Art von Sternen wurden bereits viele Exoplaneten gefunden. Eine anhaltende Frage in der Exoplanetenforschung war, ob diese Exoplaneten bewohnbar sind, da Rote Zwerge aktiver als unsere Sonne sind und viel häufiger und intensiver aufflammen.

Das Team entwickelte eine Methode, um die Stelle auf der Oberfläche der Sterne zu bestimmen, an der die Flares entstehen. Dies gelang dem Team durch die Analyse so genannter “Weißlichtfackeln” auf schnell rotierenden roten Zwergsternen. Diese Art von Flares dauert lange genug, dass ihre Helligkeit, wie sie von TESS beobachtet wird, variiert, während sie auf der Sternoberfläche ein- und ausschwingen. “Da wir die Oberfläche dieser Sterne nicht sehen können, war es bisher schwierig bis unmöglich, die Breitengrade von heißen Flares und kühlen Flecken zu bestimmen”, sagt Mitautor James Davenport von der Universität von Washington.

Das Team fand rotierende Flares, indem es die Lichtkurven von mehr als 3.000 roten Zwergsternen mit TESS verarbeitete. Unter diesen Sternen fanden sich vier mit Flares, die groß genug für die neue Methode waren. Das Team nutzte dann die genaue Form der Lichtkurve jedes Sterns, um die geografische Breite der Aufflackerungsregion zu bestimmen, und fand heraus, dass alle vier Aufflackerungen oberhalb von etwa 55 Grad geografischer Breite auftraten, was viel näher am Pol liegt als Aufflackerungen und Flecken auf der Oberfläche unserer Sonne, die normalerweise unterhalb von 30 Grad geografischer Breite auftreten. Diese Ergebnisse sind selbst bei nur vier Flares von Bedeutung: Wären die Flares gleichmäßig über die Sternoberfläche verteilt, läge die Wahrscheinlichkeit, vier Flares hintereinander in solch hohen Breitengraden zu finden, bei etwa 1:1.000.

Dies hat Auswirkungen auf Modelle der Magnetfelder von Sternen und auf die Bewohnbarkeit von Exoplaneten, die sie umkreisen. “Wir haben entdeckt, dass extrem große Flares von den Polen roter Zwergsterne ausgehen und nicht vom Äquator, wie es bei der Sonne der Fall ist”, sagt die Erstautorin Ekaterina Ilin, Doktorandin am Leibniz-Institut. “Exoplaneten, die in der gleichen Ebene wie der Äquator des Sterns kreisen, wie die Planeten in unserem eigenen Sonnensystem, könnten daher weitgehend vor solchen Superflares geschützt sein, da diese nach oben oder unten aus dem Exoplanetensystem heraus gerichtet sind. Dies könnte die Aussichten für die Bewohnbarkeit von Exoplaneten um kleine Wirtssterne verbessern, die andernfalls durch die mit Flares verbundene energiereiche Strahlung und Partikel viel stärker gefährdet wären als Planeten im Sonnensystem.”

Kleine Sterne flammen aktiv auf und stoßen Partikel aus, die die Atmosphären von Planeten in ihrer Umlaufbahn verändern und verdampfen können. Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass große Superflares in der Regel in hohen Breitengraden entstehen und Planeten verschonen, die ja um den Äquator des Sterns kreisen (Bild: Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam/J. Fohlmeister)

Leave a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.