Überraschende Kandidaten für außeridisches Leben

Wenn Astronomen nach Orten außerhalb der Erde suchen, wo vielleicht Leben existieren könnte, überprüfen sie oft zuerst die habitable Zone von Sternensystemen. Immerhin beherbergt die Milchstraße allein schon 100 bis 400 Milliarden Sterne und mindestens so viele Planeten. Habitabel bedeutet, dass dort Wasser in flüssiger Form existieren sollte. Wasser ist, so viel wir wissen, das Elixier des Lebens. Es hat das Leben auf der Erde ermöglicht und ist für den Fortbestand aller lebenden Systeme auf dem Planeten unverzichtbar. Das erklärt, warum Wissenschaftler ständig auf der Suche nach Hinweisen auf Wasser auf anderen festen Körpern im Universum sind. Bislang konnte die Existenz von flüssigem Wasser auf anderen Planeten als der Erde jedoch nicht direkt nachgewiesen werden. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass mehrere Monde in den äußeren Bereichen unseres eigenen Sonnensystems – genauer gesagt der Saturnmond Enceladus und drei Jupitermonde (Ganymed, Callisto und Europa) – unterirdische Ozeane besitzen könnten. Wie sind nun die Aussichten auf den Nachweis von Wasser auf den Monden von Planeten jenseits unseres Sonnensystems?

Die Physiker Prof. Barbara Ercolano und Dr. Tommaso Grassi von der Münchner LMU haben in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Concepción in Chile mit mathematischen Methoden die Atmosphäre und Gasphasenchemie eines Mondes modelliert, der einen frei schwebenden Planeten (Free Floating Planet, FFP) umkreist. Ein FFP ist ein Planet, der nicht mit einem Stern verbunden ist. FFPs sind vor allem deshalb von Interesse, weil es Hinweise darauf gibt, dass sehr viele von ihnen existieren. Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass unsere eigene Galaxie mindestens so viele jupitergroße verwaiste Planeten beherbergt wie es Sterne gibt. Diese große Zahl kommt zu der ebenso großen Zahl der Planeten in Sternensystemen noch hinzu.

Ercolano und Grassi simulierten mit Hilfe eines Computermodells die thermische Struktur der Atmosphäre eines erdgroßen Exomonds in einer Umlaufbahn um einen FFP. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass die auf der Mondoberfläche vorhandene Wassermenge etwa 10.000-mal kleiner wäre als das Gesamtvolumen der Ozeane unseres Planeten, aber 100-mal größer als die in der Erdatmosphäre gefundene Wassermenge. Dies würde ausreichen, um die Entwicklung und das Gedeihen von Leben zu ermöglichen.

Das Modell, aus dem diese Schätzung abgeleitet wurde, besteht aus einem erdgroßen Mond und einem jupitergroßen FFP. Ein solches System, das keinen stellaren Begleiter in der Nähe hat, dürfte dunkel und kalt sein. Im Gegensatz zu unserem Sonnensystem gibt es keinen Zentralstern, der als verlässliche Energiequelle dienen kann, um chemische Reaktionen anzutreiben. Vielmehr sorgt im Modell der Forscher die kosmische Strahlung für den chemischen Antrieb, um molekularen Wasserstoff und Kohlendioxid in Wasser und andere Produkte umzuwandeln. Um das System in Bewegung zu halten, führen die Autoren die Gezeitenkräfte, die der Planet auf seinen Mond ausübt, als Wärmequelle an – und wenn man davon ausgeht, dass Kohlendioxid 90 % der Mondatmosphäre ausmacht, würde der daraus resultierende Treibhauseffekt einen großen Teil der auf dem Mond erzeugten Wärme effektiv zurückhalten. Zusammen würden diese Energiequellen ausreichen, um Wasser in flüssigem Zustand zu halten.

Illustration eines frei durch das Universum schwebenden Planeten mit einem Mond, der Wasser speichern kann. (Bild: © Tommaso Grassi / LMU)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.