Wasserstoff-Diät machte Schwarze Löcher in der Frühzeit des Kosmos schwer

Schon recht kurz nach dem Urknall, nach nicht einmal einer Milliarde Jahren, gab es bereits Galaxien, in deren Kern superschwere Schwarze Löcher hausten, mehrere Milliarden Mal so schwer wie die Sonne. Das wissen die Astronomen aus Beobachtungen weit entfernter Quasare, aktiver Galaxien. Aber wie konnten die Schwarzen Löcher so schnell so groß werden? Noch komplizierter sah das Problem aus, weil frühere Beobachtungen mit ALMA, dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array, viel Staub und Gas in diesen frühen Galaxien gezeigt hatten, die eine schnelle Sternentstehung förderten. Aber wenn sehr viele Sterne entstehen, bleibt für  die Versorgung eines Schwarzen Lochs nur noch wenig übrig.

Die Lösung: Die jungen Riesen haben sich von riesigen Vorräten an kaltem Wasserstoffgas ernährt. Das fanden Astronomen jetzt mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO heraus.

„Wir können nun zum ersten Mal zeigen, dass primordiale Galaxien in ihrer Umgebung genügend Nahrung haben, um sowohl das Wachstum supermassereicher Schwarzer Löcher als auch die erhöhte Sternentstehung zu füttern“, sagt Emanuele Paolo Farina vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, Deutschland, der die heute im The Astrophysical Journal veröffentlichte Forschung leitete. „Dies trägt fundamental zur Lösung des Rätsels bei, wie man sich vorzustellen hat, auf welche Weise sich kosmische Strukturen vor mehr als 12 Milliarden Jahren gebildet haben.“

„Die Anwesenheit dieser frühen Geschöpfe mit einer Masse, die mehrere Milliarden Mal so groß ist wie die unserer Sonne, ist ein großes Geheimnis“, sagt Farina, der auch am Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München forscht. Um das Rätsel zu lösen, haben Farina und seine Kollegen das MUSE-Instrument am Very Large Telescope (VLT) der ESO in der chilenischen Atacama-Wüste verwendet, um 31 Quasare zu untersuchen, die etwa 870 Millionen Jahre alt waren.

Die Astronomen fanden dabei heraus, dass 12 Quasare von riesigen Gasspeichern umgeben waren: Halos aus kühlem, dichtem Wasserstoffgas, die sich über 100.000 Lichtjahre von den zentralen Schwarzen Löchern und mit einer milliardenfach höheren Masse als die der Sonne erstrecken. Das Team stellte zudem fest, dass diese Gashalos fest mit den Galaxien verbunden waren und somit die perfekte Nahrungsquelle darstellten, um sowohl das Wachstum supermassereicher Schwarzer Löcher als auch die schnelle Sternentstehung zu unterstützen.

Dieses Bild zeigt einen der Gashalos, die mit dem MUSE-Instrument auf dem Very Large Telescope der ESO neu beobachtet wurden, überlagert von einem älteren Bild einer Verschmelzung von Galaxien, die mit ALMA gewonnen wurde. Der großflächige Halo aus Wasserstoffgas ist blau dargestellt, während die ALMA-Daten orange eingefärbt sind. (Bild: 
ESO/Farina et al.; ALMA (ESO/NAOJ/NRAO), Decarli et al.)
Diese Abbildung zeigt einen Gashalo, der einen Quasar im frühen Universum umgibt. Der Quasar in Orange hat zwei kräftige Jets und ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum. Der Halo aus glühendem Wasserstoffgas ist blau dargestellt. (Bild: ESO/M. Kornmesser)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.