Staubstürme auf Saturnmond Titan entdeckt

Wer auf der Erde Staubstürme beobachten möchte, braucht bloß eine ihrer Wüsten zu besuchen. Die nächstbeste Gelegenheit dazu befindet sich dann schon viele Millionen Kilometer entfernt auf dem Mars, wie die NASA-Marsrover gerade feststellen durften. Aber es gibt noch einen dritten Himmelskörper, der regelmäßig von Staubstürmen heimgesucht wird – es ist der Saturnmond Titan.

Titan, nach Ganymed der zweitgrößte Mond im Sonnensystem, ist mit seiner dichten Methan-Atmosphäre für derartige Beobachtungen prädestiniert. Allerdings gibt es derzeit keine aktiven Sonden im Gebiet rund um Saturn, und man nimmt an, dass die Windgeschwindigkeiten auf der Titan-Oberfläche relativ niedrig sind. Wie kann man dann trotzdem herausfinden, dass auf dem Mond immer wieder Staubstürme auftreten?

Man sieht sich vorhandene Daten, in diesem Fall der längst in den Saturn gestürzten Cassini-Sonde, noch einmal genauer an, wie es ein internationales Forscherteam getan und in Nature Geoscience beschrieben hat. Dabei bemerkten die Wissenschaftler inbesondere in der Zeit der Tagundnachtgleiche in der Nähe des Titan-Äquators helle Stellen auf den von Cassini gelieferten Infrarot-Bildern. Diese entsprechen normalerweise Methan-Wolken. Jedoch können sich zu dieser Jahreszeit in diesen Breiten eigentlich gar keine gewöhnlichen Wolken bilden, das ist physikalisch unmöglich. Hinzu kam, dass die hellen Stellen meist nur kurz zu sehen waren, zwischen elf Stunden und einigen Wochen lang.

Es zeigte sich, dass die einzige Erklärung Staubstürme sind. Diese entstehen demnach in der Nähe der Oberfläche, wenn starke Winde, die man bisher gar nicht für möglich hielt, Staub von den Dünen in der Äquatorgegend in die Atmosphäre befördern. Bei den Staubkörnern handelt es sich damit allerdings nicht um ursprüngliches Gestein wie auf der Erde (also primär Siliziumdioxid), sondern um gefrorene, organische Stoffe mit einem Durchmesser von einigen tausendstel Millimetern. Die dazu nötigen Windgeschwindigkeiten dürften auf jeden Fall unter zehn Metern pro Sekunde liegen, das entspricht auf der Erde Windstärke 5 (frischer Wind). Eine Gefahr für Astronauten würden diese Staubstürme also ebensowenig wie auf dem Mars darstellen. Zudem treten sie nur alle 14,7 Erdjahre auf, weil Saturn samt Titan so lange für einen Umlauf um die Sonne braucht.

Bei dieser künstlerischen Darstellung eines Staubsturms auf Titan stimmt einiges nicht, u.a. die Darstellung von Saturn und seiner Ringe. (Bild: IPGP/Labex UnivEarthS/University Paris Diderot – C. Epitalon & S. Rodriguez)
Die hellen Stellen auf Cassinis Infrarot-Bildern, hinter denen die Forscher Staubstürme vermuten. (Bild: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona/University Paris Diderot/IPGP/S. Rodriguez et al. 2018)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.