Wie der Mars seine Ozeane verloren hat

Der größte Teil der Marsoberfläche erscheint heute als trockene Wüste. Doch wie sich bei näherer Untersuchung zeigt, ist Wasser oft näher, als der Augenschein vermuten lässt. Der Curiosity-Rover der NASA fand beispielsweise in einigen Mineralen Wasseranteile von bis zu vier Prozent. In mittleren Breiten gibt es möglicherweise unter der Oberfläche Wassereis, das Gletscher in den Vereisungs-Perioden des Mars dorthin transportiert haben.

Weitere große Wasservorräte wurden unter den Eiskappen des Nord- und des Südpols nachgewiesen. Diese bis zu 5000 Meter (Nordpol) beziehungsweise 1500 Meter (Südpol) dicken Schichten bestehen zwar zu einem großen Teil aus Kohlendioxid (Trockeneis), aber auch aus einem Wassereis-Anteil. Radarmessungen der Sonde Mars Express ergaben, dass sich um den Südpol große Eisvorkommen unter der Oberfläche befinden müssen, die bis in eine Tiefe von 3700 Metern reichen und etwa zwei Dritteln des Volumens des Grönlandeises entsprechen. Geschmolzen könnten Sie den gesamten Mars mit einem elf Meter tiefen Ozean bedecken.

Im Vergleich zur Erde ist das trotzdem wenig. Aber das war nicht immer so. Forscher schätzen, dass der Rote Planet vor über drei Milliarden Jahren noch 20 bis 200 Millionen Kubik-Kilometer Wasser beherbergte. Zum Vergleich: die Erde besitzt insgesamt heute noch ca. 1400 Millionen Kubikkilometer. Wenn man bedenkt, dass der Mars deutlich kleiner als unser Heimatplanet ist, war es dort kaum trockener als hier.

Was ist mit all dem Wasser passiert? Zum einen brach relativ frühzeitig im Leben unseres Nachbarplaneten sein Magnetfeld zusammen. Dadurch konnten ihn Sonnenwind und kosmische Strahkung ungehindert treffen. Die Strahlung spaltete Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff auf, die Gase schließlich verflüchtigten sich wegen der geringeren Anziehungskraft des Planeten ins All. Aktuelle Modelle zeigen, dass auf diese Weise bis zu 10 Millionen Kubikkilometer Wasser verlorengingen.

Aber das reicht nicht, um die heute sichtbaren Vorräte zu erklären. Im Wissenschaftsmagazin Nature unterbreiten Forscher jetzt eine Idee dazu: Nach ihren Berechnungen ist ein Teil des restlichen Wassers im Mantel des Mars verschwunden, in der Gesteinskruste also. Die eisenreichen Basalte des Roten Planeten können ein Viertel mehr Wasser speichern als die Mantelgesteine der Erde, und sie konnten Wasser bis in größere Tiefen aufnehmen. Auf unserem Heimatplaneten hingegen wurde es außerdem (zu unserem Glück) mit zunehmender Tiefe schneller heiß, sodass das Wasser nicht in der gleichen Art und Weise vom Mantel aufgenommen werden konnte.

Ein großer Teil des Wassers des Mars könnte also tief in seinem Mantel stecken. Vielleicht verbirgt es sich aber doch in Reichweite: Es gibt nämlich auch Hinweise auf eine Eisschicht dicht unter der Oberfläche: in der nördlichen Hemisphäre verändern sich elektrische Eigenschaften des Materials in einer Tiefe von 60 bis 80 Metern auf bisher unerklärliche Weise. Womöglich ist der Ozean also einfach eingefroren und wurde später von Sedimenten und vulkanischem Gestein bedeckt. Eine Studie meint, dass bis zu 30 Millionen Kubikkilometer Eis gut erreichbar unter der Oberfläche lagern könnten. Welche der Theorien über das Verbleiben des Mars-Wassers stimmt, wird sich nur durch Bohrungen in entsprechende Tiefen klären lassen.

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.