Leben gibt es sogar hundert Meter unter dem Ozeanboden

Auf der Erde gibt es – von den Geothermal-Feldern im äthiopischen Dallol abgesehen – fast überall Leben. Auf den höchsten Bergen, in heißen Quellen, in ätzenden Seen oder auch in der Tiefsee, überall konnten die Forscher zumindest primitive Bakterien aufspüren. Sogar hundert Meter unter dem Boden der Ozeane fanden Wissenschaftler jetzt noch Spuren von Leben, wie sie in einem Artikel im Magazin Communications Biology berichten.

Die Wissenschaftler haben sich dazu speziell die obere Erdkruste in den Ozeanen angesehen. Sie besteht aus basaltischer Lava, die dort seit 3,8 Milliarden Jahren aus der Tiefe der Erde abgelagert wird. Wo sie mit dem Wasser des Ozeans und den Sedimenten der Organismen in Kontakt kommt, entsteht Leben. Das reicht sogar ein Stück in das Gestein hinein. Frühere Untersuchungen ergaben, dass 3,5 und 8 Millionen Jahre alte Formationen von aerobem und anaerobem Leben wimmeln.

Aber wie sieht es weiter unten aus? In ihrem Artikel beschreiben die Forscher nun die Zusammensetzung basaltischen Gesteins, das sie bei Bohrungen aus bis zu 100 Metern Tiefe unter der Ozeankruste geholt haben, das also – wie 90 Prozent des Ozeanbodens – schon älter als zehn Millionen Jahre ist (hier konkret 104, 33,5 und 13,5 Millionen Jahre). Auch in diesen Proben fanden sich erstaunlich viele biologische Zellen, nämlich zwischen 7 Milliarden und 50 Milliarden Zellen pro Kubikzentimeter. Ein Teelöffel Basaltgestein aus einer Tiefe von 100 Metern unter dem Ozeanboden beherbergt also im Mittel so viele Organismen, wie die Erde an menschlicher Bevölkerung zählt!

Bei den allermeisten Zellen handelte es sich demnach um Bakterien, die Methan atmen. Die Forscher fanden aber auch Archaeen, die neben Bakterien und Eukaryoten (Tiere, Pflanzen, Pilze) die dritte Domäne des Lebens bilden. Insgesamt, so schätzt man, könnten allein in der oberen Kruste unter den Ozeanen 2,4 x 1028 Zellen leben (24 Milliarden Milliarden Milliarden), und selbst das wäre nur etwa ein Zehntel aller Zellen im gesamten Ozean-Sediment.

Die Entdeckung hat aber auch Einfluss auf die Möglichkeit von Leben auf dem Mars und anderen Himmelskörpern. Die basaltische Kruste des Mars bildete sich vor etwa vier Milliarden Jahren und war bis vor drei Milliarden Jahren Feuchtigkeit ausgesetzt, an der Oberfläche und unter Mars-Gewässern. Heute ist der Mars zwar kalt und trocken, aber es scheint mmer noch Wasservorräte unter der Oberfläche zu geben sowie Methanquellen, die Bakterien als Energiequellen dienen könnten. Bakterien-Communities in der Unterwelt des Mars, wo man sie suchen müsste, dürften deshalb denen hundert Meter unter der Ozeankruste ähneln.

Rasterelektrononenmikroskop-Aufnahme einer Gesteinsprobe (a), Laser-Mikroskop-Bild grün eingefärbter bakterieller Zellen (Pfeil) (b) (Bild: Suzuki et al., Lizenz: CC-BY 4.0)

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BrandonQMorris
  • BrandonQMorris
  • Brandon Q. Morris, 54, ist Physiker und beschäftigt sich beruflich und privat schon lange mit den spannenden Phänomenen des Alls. So ist er für den redaktionellen Teil eines Weltraum-Magazins verantwortlich und hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher über Weltraum-Themen geschrieben. Er wäre gern Astronaut geworden, musste aber aus verschiedenen Gründen auf der Erde bleiben. Ihn fasziniert besonders das „was wäre, wenn“. Sein Ehrgeiz ist es deshalb, spannende Science-Fiction-Geschichten zu erzählen, die genau so passieren könnten – und vielleicht auch irgendwann Realität werden.